"Affäre Hebgen" überrollt die CDU

Die rheinland-pfälzische CDU gerät immer stärker unter Druck. Grund: Der Wahlkampf für die Landtagswahl 2006 soll mit Geld aus der Fraktionskasse finanziert worden sein, was nach dem Parteiengesetz illegal ist. Unserer Zeitung liegen Unterlagen vor, die den Vorwurf untermauern.

 Gescheiterter Spitzenkandidat bei der Landtagswahl 2006: Was weiß Ex-CDU-Chef Christoph Böhr?Foto: TV-Archiv

Gescheiterter Spitzenkandidat bei der Landtagswahl 2006: Was weiß Ex-CDU-Chef Christoph Böhr?Foto: TV-Archiv

 Markus HebgenFoto: CDU

Markus HebgenFoto: CDU

Mainz. In diesen Tagen sorgt ein Name für Entsetzen bei den Christdemokraten im Land: Markus Hebgen. Einst ein enger Vertrauter von Ex-Parteichef Christoph Böhr und in der CDU ob seiner Schläue geschätzt, ist der ehemalige Geschäftsführer der Landtagsfraktion zu einem Schreckgespenst geworden. Die "Affäre Hebgen" überrollt die Union.

Angefangen hat alles mit einer Prüfung des Landesrechnungshofes, der im Frühjahr Unregelmäßigkeiten in der CDU-Fraktionskasse in den Jahren 2003 bis 2006 feststellte. Hebgen war für diese Kasse verantwortlich. CDU-Chef Christian Baldauf schaltete aufgrund des Verdachtes illegaler Aktionen Mitte April die Staatsanwaltschaft Mainz ein, die seitdem gegen Hebgen wegen des Verdachts der Untreue ermittelt.

Fragt man die CDU nach Einzelheiten, heißt es bedauernd, man habe alle Unterlagen der Staatsanwaltschaft übergeben und keine Informationen. Der Standardsatz: "Wir wissen nichts". Konkret geht es um 386 000 Euro, für deren Verwendung es keine Belege gibt. Fest steht nur, dass diese Summe aus der Fraktionskasse an die Düsseldorfer Unternehmensberatung C4 Consulting GmbH floss. Die entscheidende Frage lautet: Wurde das Geld für die Arbeit der Fraktion verwendet, wie es die Agentur und Ex-Parteichef Böhr behaupten, oder wurde es genutzt, um den Landtagswahlkampf zu finanzieren? Letzteres ist nach dem Parteiengesetz verboten und würde, falls es sich bestätigt, zweierlei nach sich ziehen: Erstens müsste die CDU die dreifache Summe, also rund 1,2 Millionen Euro, zur Strafe an die Bundestagsverwaltung zahlen. Zweitens wären Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen CDU-Verantwortliche - und nicht nur gegen Hebgen - wegen möglicher Veruntreuung wohl unvermeidlich.

In den vergangenen Wochen waren pikante Details an die Öffentlichkeit gedrungen - möglicherweise mit der Absicht, den Untreueverdacht gegen Hebgen etwas aus dem Fokus zu rücken und die Aufmerksamkeit auch auf die CDU zu lenken. Die Stoßrichtung: Den Beteiligten in der CDU, vor allem Ex-Parteichef Böhr, aber auch dessem Nachfolger Christian Baldauf sowie der gesamten Landtagsfraktion der CDU, sei klar gewesen, dass es sich bei den Aktivitäten der C4 GmbH nicht nur um Werbeaktivitäten für die Fraktion, sondern auch für die Partei gehandelt habe.

Unserer Zeitung liegen schriftliche Unterlagen vor, die diesen Verdacht untermauern. Demzufolge beauftragte Böhr offenbar C4-Chef Carsten Frigge damit, "eine Wahlkampfstrategie zu erarbeiten". Frigge soll 2005 in 23 Fällen an Besprechungen der Wahlkampfkommission, an Parteitagen und Strategierunden teilgenommen haben. Eine Präsentation der Unternehmensberatung mit dem Titel "Wahlsieg 2006" sei am 19. Februar 2005 bei einer Klausurtagung von Fraktion und Landesvorstand besprochen worden. Am 17. Februar 2005 habe C4 Consulting ein Angebot für die Beratungsleistungen vorgelegt. Ex-CDU-Generalsekretär Claudius Schlumberger habe am 21. Februar 2005 schriftlich darauf hingewiesen, "dass die Partei nicht zahlen könne". Dann sei vereinbart worden, "dass die Fraktion die Kosten Frigges trägt und die Partei 100 000 Euro für Beratung durch Allendorf Media aufbringt".

Unserer Zeitung liegt auch eine E-Mail vor, die C4-Chef Frigge am 12. Januar 2005 an Böhr und Hebgen geschrieben haben soll. Unternehmensberater Frigge gab darin vier Empfehlungen für einen "Brief des Landesvorsitzenden Dr. Christoph Böhr an die Mitglieder der CDU Rheinland-Pfalz" ab.

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