Affäre Hebgen wird für die CDU teuer

Die CDU-Landtagsfraktion geht auf Distanz zu ihrem Ex-Chef Christoph Böhr und stellt sich auf finanzielles Ungemach ein, das ihr aus der "Affäre Hebgen" erwächst. Rund 650 000 Euro dürften die Querelen um den ehemaligen Fraktionsgeschäftsführer kosten, der die Bücher schlampig geführt und in die Kasse gegriffen haben soll.

Mainz. Jede Fraktion im Landtag ist gesetzlich verpflichtet, ihre Ausgaben detailliert zu verbuchen und gegenüber dem Landesrechnungshof zu belegen. Schließlich handelt es sich um Steuermittel. Hier beginnt das Problem der Union, denn genau das kann sie bei rund 500 000 Euro nicht, weil Unterlagen verschwunden sind. Es geht um Vorfälle von 2003 bis 2006, als Markus Hebgen die Geschäfte der Fraktion führte und Christoph Böhr deren Vorsitzender war. "Wir haben Altlasten aufzuklären. Es tut uns eventuell weh, aber wir bringen die Sache sauber in Ordnung", beteuert CDU-Chef Christian Baldauf.

Allein die Düsseldorfer Agentur C4 Consulting kassierte für einen Beratervertrag 386 000 Euro. Wofür genau das Geld floss, bleibt offen. Hebgen, der einen fünfstelligen Betrag aus der Fraktionskasse entwendet haben soll (unter anderem für Bordellbesuche) und gegen den die Staatsanwaltschaft ermittelt, behauptet, damit sei der Wahlkampf 2005/06 finanziert worden. Das wäre laut Parteiengesetz illegal. Böhr versichert, die Agentur habe ihn als Fraktionschef beraten.

Bemerkenswert: Die Fraktion macht sich die Version ihres ehemaligen Vorsitzenden nicht zu eigen, weil dessen Angaben nicht zu beweisen seien. Man will abwarten, was der Rechnungshof und die Staatsanwaltschaft feststellen, sagt Anwalt Christofer Lenz. Der Hof wird seinen Prüfbericht in Kürze vorlegen. Die Rückzahlung der 500 000 Euro dürfte unvermeidlich sein.

Unter Umständen könnten zusätzlich Strafzahlungen in dreifacher Höhe drohen. Das würde passieren, wenn der Bundestagspräsident es fordern würde, weil er davon ausgeht, dass Geld für Wahlkampfzwecke missbraucht wurde. Er müsste es dann allerdings seinerseits beweisen, was die CDU und deren Anwälte aufgrund der unklaren Sachlage für unwahrscheinlich halten.

Auf jeden Fall muss die Union noch eine Nachversicherung in Höhe von 148 000 für ihren ehemaligen Angestellten Hebgen bezahlen, nachdem dieser aus dem Beamtenverhältnis (er war Bediensteter der Landtagsverwaltung und an die Fraktion ausgeliehen) ausgeschieden ist.
"Wir sind an einem Punkt angekommen, wo wir glauben, dass wir eine wesentliche Aufklärung nicht mehr betreiben können", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer Hans-Josef Bracht. Das wiederum stößt auf Kritik bei der SPD. Die Erklärungen der CDU seien "völlig unzureichend", der Umgang mit Steuergeldern "abenteuerlich und unseriös", wettert Barbara Schleicher-Rothmund. Die Grünen monieren, die CDU mache es sich "zu einfach, die alleinige Verantwortung für den Missbrauch der Gelder auf Hebgen zu schieben".

Meinung

Unerträgliche Schlamperei

Von Frank Giarra —Gerade erst hat die CDU-Landtagsfraktion Schulden in sechsstelliger Höhe abgebaut, da droht ihr neuerlicher Ärger: Wenn 650 000 Euro für Versäumnisse in der Vergangenheit zu zahlen sind, heißt das für die Zukunft, dass weniger Mittel für die politische Auseinandersetzung zur Verfügung stehen. Es wird Geld für Personal und Werbung fehlen, das mit Blick auf die Landtagswahl 2011 benötigt würde. Die unerträgliche Schlamperei und die offenbar kriminellen Machenschaften von Markus Hebgen unter der Ägide Christoph Böhrs werden wohl nie komplett aufgeklärt werden. Das hinterlässt ebenso einen faden Beigeschmack wie die Tatsache, dass niemand in der CDU etwas von den Vorgängen bemerkt haben will. f.giarra@volksfreund.de

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