Alte Tante SPD mit Kampfgeist

BERLIN. Am Wochenende wurden die "Führungskräfte" der SPD auf den künftigen Vorsitzenden Franz Müntefering eingeschworen.. Der hat als neuen Generalsekretär Kanzlerfreund Klaus Uwe Benneter mitgebracht.

Das Projekt "Wie rette ich die SPD?" ist der designierte Parteivorsitzende Franz Müntefering am Wochenende mit viel Elan angegangen. In den Sondersitzungen von Präsidium und Vorstand am Samstag in Berlin sowie in mehreren Interviews äußerte Müntefering große Zuversicht und betonte, es sei "fester Wille" der SPD, noch möglichst lange zu regieren. Er werde jedenfalls seinen Beitrag dazu leisten, den Reformprozess fortzuführen, um "Deutschland neu aufzustellen". Nun bringt das neue Führungsduo der Partei, der Vorsitzende Müntefering (64) und der überraschend benannte Generalsekretär Klaus Uwe Benneter (56), gemeinsam eindrucksvolle 120 Jahre Erfahrung mit, aber das soll sich positiv auswirken. Auch die Tatsache, dass der Berliner Bundestagsabgeordnete Benneter weitgehend unbekannt im Lande ist, stelle keinerlei Hindernis dar: "Als ich 50 war", sagte Müntefering vor der Presse, "hat mich auch niemand gekannt". Es gäbe eben "Frühstarter und Spätzünder", und da er selbst zu Letzteren gehöre, habe er "gut ausreifen können". Da lachte auch der sonst ernst dreinblickende Bundeskanzler, der in der Sitzung zuvor deutliche Emotionen hatte erkennen lassen. Nach dem Donnerschlag vom Freitag, als Gerhard Schröder seinen Rückzug vom Amt des SPD-Vorsitzenden erklärt hatte, waren die Führungsgremien für Samstag ins Willy-Brandt-Haus gebeten worden, um die Entscheidung abzusegnen. Es sollte eine denkwürdige Vorstandssitzung werden, denn zu Beginn wusste nur eine Handvoll Genossen, dass ausgerechnet der frühere "Bürgerschreck" Benneter neuer Parteimanager werden sollte. Pikante Note am Rande: Der aus Karlsruhe stammende Rechtsanwalt, 1977 wegen "Linksabweichung" aus der SPD ausgeschlossen und erst sieben Jahre später (auf Betreiben Schröders) wieder aufgenommen, ist einer der besten Freunde des Kanzlers. Deshalb haben einige Vorständler auch nur milde gelächelt, als Müntefering kund tat, Benneter sei seine Wahl gewesen. Schröder hatte die Sitzung mit einer sehr persönlichen Erklärung eröffnet, die manchem Genossen unter die Haut ging. Bitter beklagte er sich über die schlechte Behandlung, die ihm in den vergangenen Wochen widerfahren sei. Dass die Presse so reagiert habe, müsse er ja hinnehmen, aber dass Parteifreunde als "Stichwortgeber" fungierten, habe ihn sehr geärgert. Schlimm auch, so der Kanzler, wenn aus den eigenen Reihen in Umlauf gebracht werde, einzelne Minister seines Kabinetts seien "verbraucht". Solch ein Vokabular dürfe man im Zusammenhang mit Menschen nicht benutzen. SPD will jetzt durchstarten

Bemerkenswert war gewiss auch der Umstand, dass sich die linken Kritiker des Kanzlerkurses nicht zu Wort meldeten, dass der mächtige Landeschef von Nordrhein-Westfalen, Harald Schartau, Korrekturen im Bereich der Gesundheitsreform anmahnte, und dass der ehemalige Ministerpräsident von Niedersachsen, Sigmar Gabriel, als einziger Schröders Entscheidung, den Parteivorsitz abzugeben, ausdrücklich nicht begrüßte. Doch alle waren sich einig, dass man jetzt "durchstarten" und an einem Strang ziehen müsse. Auch vor der Presse betonten Schröder und Müntefering die "Chance des Neuanfangs", die allerdings ein anderes "Maß an Geschlossenheit und Disziplin" verlange, als dies bisher der Fall gewesen sei. Müntefering dankte Schröder und dem scheidenden Generalsekretär Olaf Scholz, "dem wir noch viele Male begegnen werden". Womöglich ein Hinweis darauf, dass Scholz (wie auch Gabriel) ein Kandidat für eine mögliche Kabinettsumbildung sein könnte. Doch dies kein gegenwärtig kein Thema und zudem "Kanzlersache". Für Aufregung sorgte am Sonntag noch der saarländische Landesvorsitzende Heiko Maas, der in einer Zeitung mit dem Satz zitiert worden war, als Parteivorsitzender habe Müntefering bei der Frage der nächsten Kanzlerkandidatur "ein gewichtiges Wort" mitzureden. Maas bestritt am Sonntag, damit Schröders Kanzlerkandidatur für 2006 in Frage gestellt zu haben und betonte, seine Aussagen seien aus dem Zusammenhang gerissen worden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort