An Schlagkraft verloren – und trotzdem zufrieden

BERLIN. Selten erlebt man bei der FDP Sympathie für die Grünen, doch an diesem Abend zittern die Mitarbeiter der Berliner Parteizentrale mit der Öko-Partei. Der Grund dafür ist die Ergebnislage bei der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz.

"Ist schon etwas seltsam", sagt einer. Aber wenn die Grünen in Rheinland-Pfalz in den Landtag kommen, rückt die Regierungsbeteiligung für die FDP dort näher. Und darum dreht sich bei der FDP an diesem Abend alles. Der Zufall will es, dass drei von insgesamt fünf Regierungen, an denen die FDP noch beteiligt ist, zur Abstimmung stehen. Bis spät am Abend bleibt es überall eine Zitterpartie. Dirk Niebel, der Generalsekretär, versucht die Gäste etwas abzulenken. Die Regierungsbeteiligungen seien nicht entscheidend, sagt er, als er gegen 19 Uhr vor die Kameras tritt. "Entscheidend ist, das wir dazugewonnen haben." Parteichef Guido Westerwelle lässt sich zunächst nicht sehen. Er wartet in seinem Büro ab. Regieren um jeden Preis will die FDP offenbar nicht. Als er von dem Angebot der rheinland-pfälzischen SPD hört, die FDP könne dort im Kabinett bleiben, auch wenn die SPD die absolute Mehrheit habe, lehnt Niebel spontan ab. "Man geht in keine Regierung, in der man nicht gebraucht wird", sagt er unserer Zeitung. Günter Nolting, langjähriger Abgeordneter aus Minden, betrachtet die Sorgen der FDP an diesem Tag eher als ein Luxusproblem. "Es gab bei uns in NRW auch schon Wahlabende, da haben wir um tausend Stimmen den Einzug in den Landtag verpasst. Das war ganz was anderes". Die Grünen haben nicht die Sorgen der FDP - sie regieren ohnehin in keinem Land mehr mit. Steffi Lemke macht daraus eine Tugend: "Wir sind keine Regierungsjunkies wie die FDP", sagt sie. Die Grünen halten sich an dem Ergebnis von Baden-Württemberg fest. Fritz Kuhn ist in Stuttgart und sagt, er sei "happy" über die dortigen Zugewinne. Dass die einst in Sachsen-Anhalt mitregierenden Grünen in Magdeburg den Einzug ins Parlament wieder einmal verpassen und auch in Rheinland-Pfalz vielleicht unter die Fünf-Prozent-Grenze rutschen, beschäftigt den Fraktionschef angesichts des Stuttgarter Zugewinns nicht. Die Westausdehnung der PDS ist vorerst gescheitert; die WASG ist weder in Rheinland-Pfalz noch in Baden-Württemberg in die Landtage gezogen. Doch das ist für Dietmar Bartsch kein Beinbruch. Man müsse eben von unten, auf kommunaler Ebene, anfangen, und da sehe er angesichts mancher Ergebnisse in Hessen eine gute Zukunft für seine Partei, sagt der Generalsekretär der Linkspartei. "Beim nächsten Mal kommen wir wieder." Außerdem habe man in Magdeburg kräftig zugelegt. Nur Sieger bei der Opposition an einem Tag, der die große Koalition von SPD und CDU gestärkt hat.

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