Angst vor Altersarmut

BERLIN. Das Vertrauen in die gesetzliche Rentenversicherung ist bei den Bundesbürgern stetig im Sinkflug. Jeder sechste Deutsche fürchtet mittlerweile Altersarmut. Auf der anderen Seite sind immer weniger zum Ausbau der privaten Vorsorge bereit.

2006 wollten nur 32 Prozent der Deutschen verstärkt in ihren Lebensabend investieren. Drei Jahre zuvor waren es noch 37 Prozent. Zu diesen widersprüchlichen Erkenntnissen kommt eine Allensbach-Umfrage im Auftrag der Postbank. Die Sorge über Altersarmut sei besonders bei den jungen Berufstätigen ausgeprägt, konstatierte Postbank-Vorstand Wolfgang Klein gestern in Berlin. Folgerichtig hält sich auch der Glaube an die Stabilität des Rentensystems immer stärker in Grenzen. Jeder dritte Bundesbürger hat "gar kein Vertrauen" mehr, fast 56 Prozent haben "weniger Vertrauen". Lediglich jeder zehnte Deutsche hält das Rentensystem noch für uneingeschränkt verlässlich. Die Leute hätten erkannt, dass die Rentner langfristig nicht mehr durch das geltende Umlageverfahren finanziert werden könnten, schlussfolgerte Klein. Andererseits gestanden die Berufstätigen bei der seit 2003 regelmäßig durchgeführten Befragung erstmals mehrheitlich ein, nur unzureichend für ihren Lebensabend vorzusorgen. Lediglich jeder fünfte Deutsche erwartet im Alter keine finanziellen Sorgen. 53 Prozent rechnen mit persönlichen Einschränkungen. 16 Prozent meinen, "das Geld wird knapp oder reicht gar nicht". Zum Ausgleich des finanziellen Defizits würden zwei Drittel einen Nebenjob annehmen, 36 Prozent länger arbeiten und immerhin 17 Prozent in ein Land mit günstigeren Lebenshaltungskosten auswandern. Auf die Frage "Wo sparen, um mehr in Vorsorge zu investieren?" antwortete die Hälfte: bei Restaurant-Besuchen. 45 Prozent sehen Einsparpotenziale beim Autokauf. Es folgen der Urlaub (37 Prozent) sowie Kleidung und Elektronik (jeweils 33 Prozent). Am wenigsten sind die Deutschen zu Abstrichen gegenüber ihren Kindern bereit. Nur vier Prozent geben an, zu Gunsten der eigenen Vorsorge beim Nachwuchs zu sparen. Diese Haltung korrespondiert auch mit einem Motiv zum Aufbau der Privatvorsorge: Fast jeder fünfte Deutsche will damit auch das Studium seiner Kinder finanzieren. Der Anteil dieser Gruppe ist gegenüber dem Jahr 2005 sogar um fünf Prozent gestiegen. 90 Prozent der Bundesbürger verbinden die privaten Rücklagen freilich schlicht mit dem Ziel, "den Lebensstandard halten zu können". Eine individuelle Vorsorge sollte nach Überzeugung der Bevölkerungsmehrheit (54 Prozent) allerdings weiter auf freiwilliger Basis erfolgen. Lediglich 34 Prozent plädieren für eine private Versicherungspflicht bei allen Arbeitnehmern. 68 Prozent können sich aber vorstellen, die Privatvorsorge zumindest für Berufsanfänger verbindlich zu machen. Die Einsicht, stärker für das Alter vorsorgen zu müssen, habe sich noch nie so deutlich wie in der aktuellen Studie gezeigt, resümierte Klein. "Die Menschen tun sich jedoch immer schwerer, diese Erkenntnis durch Investitionen in die private Altersvorsorge umzusetzen." Daher sei die Politik aufgefordert, private Vorsorgemodelle wie die boomende Riester-Rente vermehrt zu unterstützen.

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