Atempausen für Angehörige

Es gibt immer mehr Demenzkranke. Das erfordert auch immer mehr Helfer. Aber professionelle Hilfe ist oft für die Angehörigen unerschwinglich. Entlastung bekommen sie auch von Ehrenamtlern. Die findet man bei Projekten wie dem Caritas-Projekt "Atempause" in Schweich oder dem "Anker"-Projekt des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) des Kreisverbands Trier-Saarburg.

 Gerhild Sihr leitet das Projekt „Atempause“, bei dem Günter Rommelfanger ehrenamtlich tätig ist. TV-Foto: Chrisitian Kremer

Gerhild Sihr leitet das Projekt „Atempause“, bei dem Günter Rommelfanger ehrenamtlich tätig ist. TV-Foto: Chrisitian Kremer

Schweich/Zerf. Immerhin kostet der Besuch einer Tagesgruppe etwa zwischen 40 und 70 Euro. Das kann sich nicht jeder leisten. Aber es gibt nicht nur professionelle Betreuer, sondern auch qualifizierte Ehrenamtliche. Die kosten fünf oder sechs Euro pro Stunde, und die Kosten übernimmt die Pflegekasse. Im Rahmen von "Atempause"-und "Anker"-werden Schulungen angeboten, um freiwillige Helfer zu qualifizieren.

Günter Rommelfanger (63) und Maria H. (69), die nicht mit richtigem Namen genannt werden will, sind zwei der ehrenamtlichen Helfer des Projekts "Atempause". Sie helfen demenzkranken Menschen und ihren Angehörigen, indem sie Zeit mit ihnen verbringen.

Keine Pflege-Leistungen durch Ehrenamtler



"Ehrenamtliche erledigen grundsätzlich keine pflegerischen oder hauswirtschaftlichen Aufgaben", sagt Gerhild Sihr, die Leiterin des Caritas-Projektes. Sie koordiniert den Einsatz der Mitarbeiter. Dabei legt sie Wert darauf, dass die Betreuer gut zu den Erkrankten passen. "Bevor ich jemanden zuordne, spreche ich mit den Angehörigen. Danach fahre ich zusammen mit dem Mitarbeiter dorthin", so Sihr. "Die Wellenlänge muss stimmen."

Bevor die Betreuung startet, bekommen die Ehrenamtlichen einen Biografiebogen des Demenzkranken. Darauf könnnen sie ihre Betreuung aufbauen und individuell Zeit mit ihrem Schützling verbringen.

Rommelfanger ist der einzige Mann beim Projekt "Atempause". Männer sind eher selten in diesem Bereich. Rommelfanger hat nach dem Tod seiner Eltern bei den Maltesern an einer Fortbildung zum Pflegehelfer teilgenommen. "Das hat mich unheimlich motiviert", sagt er. Irgendwann flatterte dann ein Aufruf für die Schulungsreihe zur Betreuung von Demenzkranken in seinen Briefkasten. Daran habe er dann teilgenommen und sich auch der frisch gegründeten "Atempause"-Gruppe angeschlossen.

"Ich wollte nur einen Mann betreuen, und nach einem dreiviertel Jahr wurde ich an Familie T. vermittelt", erzählt Rommelfanger. Herr T., ein Ur-Trierer, ist 85 Jahre alt, und seine Frau versorgt ihn alleine. Bei ihm wurde nach zwei Schlaganfällen eine leichte Demenz festgestellt. Die Demenz sei relativ stabil, körperlich verschlechtere sich die Lage aber. "Am Anfang hatte ich Angst, dass er einen weiteren Schlaganfall haben könnte, wenn ich dabei bin. Das hat sich dann aber wieder beruhigt." Jetzt ist der ehemalige Postbeamte jeden Mittwoch bis zu sechs Stunden mit Herrn T. zusammen. Dadurch entlastet er dessen Frau, die dann wandern gehen kann.

"Meine Aufgabe ist, Herrn S. zwei Stunden pro Woche aktiv zuzuhören", sagt Maria H.. Sie hilft dem 94-jährigen seit Oktober 2006. Sein Kurzzeitgedächtnis ist stark eingeschränkt, er erzählt nur aus seiner Vergangenheit. "Was da abläuft, ist ein deutsches Leben ab 1914", sagt Maria H.. Lehre, Weltwirtschaftskrise, Militärzeit, Polenfeldzug, Russland, Westfront. Maria H.: "Oft ist es wichtig, dass ich einen Kommentar abgebe." Sein häusliches Umfeld kann Herr S. nicht mehr verlassen. Der Kontakt zur Außenwelt durch Maria H. verhindert, dass er in Lethargie oder Depression verfällt. Einig sind sich die beiden Ehrenamtlichen darüber, dass man die Demenzkranken auf Augenhöhe behandelt. "Man muss Re-spekt vor der Lebensleistung haben", sagt Maria H.. Beide wollen helfen, und das hilft auch ihnen. Rommelfanger: "Du hast da immer das Gefühl, dass du das Richtige tust."

Beim "Anker"-Projekt konnten die Verantwortlichen vor wenigen Tagen nach einem Ausbildungsgang in Zerf neu "diplomierte" Helfer begrüßen. Aber der Bedarf ist immer noch weit größer als das Angebot.

Kontakt

In der gesamten Region werden Schulungen für Ehrenamtler angeboten. Niemand braucht dafür weit zu fahren. Kontakte und Termine vermitteln die Demenzzentren in Trier, Bitburg und Wittlich. Spezielle Initiativen wie "Atempause" und "Anker" kümmern sich um die Ausbildung im Kreis Trier-Saarburg. "Atempause" ist in Schweich angesiedelt, Telefon 06502/935713. "Anker" ist eine Koproduktion der BeKos Waldrach, Hermeskeil und Saarburg. Telefon: 06581/9191-0; 06500/19219 oder 06503/91910. (DiL)

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