Auf Leben und Tod

Die Diskussion um eine Neuregelung der Patientenverfügungen ist neu entbrannt. Dem Bundestag liegen drei ausformulierte Gesetzentwürfe vor.

Berlin. Schätzungsweise acht Millionen Menschen in Deutschland haben eine Patientenverfügung verfasst. Der Sinn der meisten Verfügungen besteht darin, im Fall einer besonders schweren Krankheit auf lebensverlängernde Maßnahmen zu verzichten. Der Verfasser darf jedoch nicht erwarten, dass sich der Arzt immer daran hält. Das hat mit den oft unklaren Formulierungen einer solchen Erklärung zu tun. Außerdem kann das, was heute verfügt wurde, wegen des medizinischen Fortschritts in ein paar Jahren ganz anders sein. Ist der Schwerstkranke noch ansprechbar, muss der Arzt seinen Willen befolgen. Wenn nicht, beginnt das Problem. Was soll der Mediziner tun? Im Zweifel setzt er auf weitere Therapien, um einer eventuellen Bestrafung zu entgehen. Denn bislang gibt es keine klaren Gesetze über die Verbindlichkeit einer Patientenverfügung, sondern nur Gerichtsurteile, die breit interpretierbar sind.

Auch im Bundestag gehen die Meinungen darüber auseinander, wie das Selbstbestimmungsrecht des Patienten mit dem Schutz des Lebens in Einklang gebracht werden kann. Bereits im Juni debattierte das Parlament über dieses Thema. Seit gestern liegen dazu drei ausformulierte Gesetzentwürfe vor. Die jüngste Vorlage stammt von einer Gruppe um die Abgeordneten Wolfgang Zöller (CSU), Herta Däubler-Gmelin (SPD) sowie Monika Knoche (Linke). Das Papier soll ein "Mittelweg" zwischen den beiden früheren Entwürfen sein, die ebenfalls auf fraktionsübergreifende Allianzen zurückgehen. Der Antrag des SPD-Abgeordneten Jochim Stünker, den schon mehr als 200 Parlamentarier unterschrieben haben, räumt dem Selbstbestimmungsrecht der Patienten klar Vorrang ein. Demnach muss eine Patientenverfügung unabhängig vom Stadium der Erkrankung umgesetzt werden, also auch dann, wenn die Krankheit nicht zwangsläufig zum Tod führt. Deutlich restriktiver ist der Gesetzentwurf einer Gruppe um den CDU-Abgeordneten Wolfgang Bosbach. Bei Betroffenenverbänden stehen alle drei Gesetzentwürfe in der Kritik. Trotzdem sind die Chancen für eine gesetzliche Regelung seit gestern gestiegen. Stünker bot Zöller & Co an, aus beiden Papieren einen tragfähigen Entwurf zu machen, der im Frühjahr zu einem Gesetz werden könnte.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort