Ausschuss hebt Immunität von Uwe Junge auf

Mainz · Der rheinland-pfälzische Landtag macht den Weg frei: Nun kann die Bundeswehr gegen den Chef der AfD-Fraktion ermitteln.

Mainz (dpa/lrs) Der Rechtsausschuss des rheinland-pfälzischen Landtags hat die Immunität von AfD-Fraktionschef Uwe Junge angesichts mehrerer Vorwürfe aufgehoben. Das teilte das Landesparlament am Donnerstag auf Anfrage in Mainz mit.
Damit ist der Weg für die Bundeswehr frei, ein Disziplinarverfahren gegen den pensionierten Oberstleutnant zu prüfen.
Einem Bericht von Spiegel Online zufolge geht es darum, dass Junge Kanzlerin Angela Merkel (CDU) im Landtagswahlkampf 2016 "Vaterlandsverrat" vorgeworfen hatte. Zudem soll er eine lesbische Soldatin diskriminiert haben. Junge hatte selbst um eine Aufhebung der Immunität gebeten, um die Vorwürfe klären zu lassen.
Der AfD-Fraktionschef soll gegen das Soldatengesetz verstoßen haben, heißt es im Bericht von Spiegel Online. Demnach soll er im Wahlkampf noch während seiner Bundeswehrzeit unangemessen für die AfD Werbung gemacht haben, was gegen das Gebot der Mäßigung verstoße.
Der Vorwurf, dass Junge eine lesbische Soldatin diskriminiert haben soll, war im Januar mit dem Bericht des Wehrbeauftragten bekannt geworden. Der Rechtsausschuss hatte die Entscheidung über eine Aufhebung seiner Immunität in der vergangenen Woche verschoben und Junge die Gelegenheit zu einer Stellungnahme gegeben.
Der pensionierte Oberstleutnant hatte zunächst erklärt, er verzichte auf eine Anhörung im Ausschuss, nahm sie aber dann wahr. "Ich will deutlich machen, dass ich selber auch ein Interesse daran habe", sagte Junge der Deutschen Presse-Agentur.
Zum Vorwurf der Diskriminierung einer lesbischen Soldatin habe er sich bereits "sehr umfangreich" gegenüber dem Wehrdisziplinaranwalt geäußert, ergänzte Junge. "Für mich war das Thema im Grunde abgeschlossen. Nun kommt es wieder auf, aber es gibt mir dann auch die Gelegenheit, hier nochmal klar und deutlich Stellung zu beziehen und die Dinge auch wirklich zu klären."
Junge sagte, er würde es als eine Art Maulkorb werten, wenn sein Vorwurf des "Volksverrats" gegen Merkel aus dem Wahlkampf als Verstoß gegen das Soldatengesetz beurteilt würde.
"Grundsätzlich hat der Soldat in seinen Aussagen eine Zurückhaltung zu wahren, die das Ansehen der Bundeswehr in der Öffentlichkeit nicht schädigt", sagte er. "Nun haben wir den besonderen Fall gehabt, dass man ja auf der einen Seite gerne möchte, dass der Staatsbürger in Uniform sich politisch betätigt." Das Truppendienstgericht müsse daher entscheiden, inwieweit man ihm "dann quasi einen Maulkorb umhängt".
Die Immunität soll Abgeordnete schützen. Sie dürfen nur mit Zustimmung des Parlaments in Angelegenheiten des Straf- und Disziplinarrechts juristisch verfolgt werden (siehe Hintergrund). Junge ist seit März 2016 Fraktionsvorsitzender. Ende November 2016 schied er aus der Bundeswehr aus.
Zum Vorwurf der Diskriminierung hatte die Bundeswehr ein Dienstvergehen festgestellt. Zum gerichtlichen Disziplinarverfahren war es bisher aber nicht gekommen, weil Junge Ende November 2016 ohnehin ausscheiden sollte. Zur Frage der Aufnahme disziplinarrechtlicher Ermittlungen sowie zu laufenden oder abgeschlossenen Disziplinarverfahren gibt das Verteidigungsministerium nach eigenen Angaben keine Auskunft.
RECHTSAUSSCHUSS BEFINDET üBER IMMUNITäT


Extra

(dpa) Als gewählte Volksvertreter werden die Abgeordneten des Landtags von ihrer Immunität besonders geschützt: Sie dürfen nur mit Zustimmung des Parlaments juristisch verfolgt werden. Wenn eine Behörde ein Straf- oder Disziplinarverfahren gegen einen Abgeordneten führen will, muss sie den Landtag erst um Aufhebung der Immunität ersuchen. Die Entscheidung darüber trifft der Rechtsausschuss mit Zweidrittelmehrheit seiner Mitglieder. Kommt keine Zweidrittelmehrheit zustande, beschließt der Ausschuss lediglich eine Empfehlung an das Landtagsplenum mit einfacher Mehrheit. Die Entscheidung fällt dann in einer Abstimmung im Plenum. Nach einer Entscheidung im Rechtsausschuss kann jedes Landtagsmitglied mit Ausnahme des betroffenen Abgeordneten innerhalb von sieben Werktagen beantragen, die Entscheidung aufzuheben. Die Entscheidung darüber trifft der Landtag.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort