Bahn und Autos ausgebremst

BERLIN. Verkehrsminister Manfred Stolpe muss hart sparen bei den Verkehrsinvestitionen: In einigen Bundesländern gibt es in nächster Zeit überhaupt keine neuen Projekte mehr.

Für positives Denken ist Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) genau der richtige Mann. Beim Maut-Debakel stellte er das schon exzellent unter Beweis. Und jetzt, wo ihn die Lage seines Etats ordentlich quält und alle Welt wissen will, welche Verkehrsprojekte in diesem Jahr denn noch realisiert werden können und welche nicht, bleibt sich Stolpe erneut treu: Sein Ministerium ließ er also in den letzten Tagen keine ominöse Streichliste erarbeiten mit Inve-stitionen, die wegen der desolaten Haushaltslage gekippt werden müssen. Sondern eine sechsseitige "Positivliste" mit wenigen Straßenneubauprojekten für 2004 und den Maßnahmen, die noch weiter gebaut werden können. Positives Denken à la Stolpe eben. Nun ist klar, wo sich in Sachen Straßen- und Autobahnneubau noch etwas in der Republik mit Hilfe des Bundes tun wird - in Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz jedenfalls nicht, diese Bundesländer gehen leer aus. Allerdings nicht, wenn es darum geht, begonnene Projekte auch abzuschließen: "2004 werden alle Maßnahmen des vordringlichen Bedarfs weiter gebaut", kündigte der Minister gestern im Bundestag an. Wenigstens eine gute Nachricht. Stolpes Pläne tragen nämlich deutlich seinen Haushaltsnöten Rechnung. Allein in diesem Jahr stehen für den Straßenbau laut Ministerium nur 4,5 Milliarden Euro zur Verfügung, 335 Millionen weniger als ursprünglich geplant. "Eine Milliarde an Investitionen bedeutet 24 000 Arbeitsplätze", weiß der Minister zwar, aber er muss nun mal knallhart sparen: 244 Millionen Euro zur Rentenfinanzierung hat der Ostdeutsche auf Geheiß von Finanzminister Hans Eichel (SPD) zu erbringen. Hinzu kommt die so genannte "Koch-Steinbrück-Liste" zum Subventionsabbau, die den Verkehrsetat in diesem Jahr um gut 288 Millionen Euro schmälert.Hypothek auch für den nächsten Haushalt

Damit will sich Stolpe übrigens nicht abfinden - Investitionszuschüsse als Subventionen zu deklarieren, sei nicht hinnehmbar: "Das ist eine Unsicherheit, die wir ausräumen müssen", forderte er gestern im Bundestag. Denn auch auf dem noch nicht beschlossenen Haushalt 2005 laste bereits "eine Hypothek", und wegen "Koch-Steinbrück" könnten in diesem Jahr "keine Entscheidungen für mehrjährige Investitionen" getroffen werden. Dessen aber nicht genug, noch etwas schlägt dem Minister ein Loch in die Kasse: fehlende Maut-Einnahmen nämlich, mit denen ja ursprünglich der Etat aufgebessert werden sollte. Zwar gebe es "durch die Maut-Ausfälle keine Ausfälle bei den Verkehrsinvestitionen", unterstrich Stolpe. Schließlich sei die Gegenfinanzierung in diesem Jahr zusammen mit dem Haushaltsausschuss gesichert worden. Allerdings muss der klamme Manfred noch fehlende Einnahmen in Höhe von 49 Millionen Euro aus 2003 ausgleichen. Kein einfaches Unterfangen. Straßenbau steht auf der einen Seite der Medaille, auf der anderen die Investitionen in die Schiene. Auch denen geht es an den Kragen: Die Deutsche Bahn AG bekommt nämlich in 2004 nicht, wie zunächst vorgesehen, 4,4 Milliarden Euro, sondern nur rund 3,7 Milliarden. Davon sollen jährlich 2,5 Milliarden für die Erhaltung des Bestandsnetzes ausgegeben werden. Nur eine schlappe Milliarde bleibt Bahnchef Harmut Mehdorn deshalb für neue Projekte.Prestigeprojekte vor dem Aus

Im Verkehrsministerium wartet man ab, welche Projekte das Unternehmen denn nun mit der geringeren Finanzspritze des Bundes und mit Eigenmitteln noch realisieren will. Auf der Streichliste sollen auch Kernabschnitte des Prestigeprojekts Nürnberg-Erfurt stehen. 500 Millionen von geplanten fünf Milliarden Euro wurden bereits in die Strecke investiert. Selbst die Grünen räumten dem Projekt gestern im Parlament aber keine Chance mehr ein - nur Manfred Stolpe blieb wie gewohnt positiv: "Es wird weitergeführt."

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