Bald doppelt so teuer

TRIER. Der Sprit ist teuer, doch kaum einer lässt sein Auto stehen. Über hohe Benzinpreise und mögliche Alternativen sprachen wir mit dem Trierer Verkehrswissenschaftler Heiner Monheim.

Die Preise an den Zapfsäulen geben leicht nach, sind aber immer noch relativ hoch. Da müssten Sie doch jubeln, dass den Leuten endlich das Autofahren vermiest wird.Monheim: Mein Jubel hält sich in Grenzen. Die Leute schimpfen zwar, aber so richtig ins Grübeln kommen sie auch nicht. Das sieht man ja schon beim Autokauf. Die kleinen Wagen, die wenig verbrauchen, tun sich da immer noch schwer im Vergleich zu den großen, schweren, schnellen. Immerhin lässt sich aber feststellen, dass weniger gefahren wird. Zumindest in der Freizeit. Das war in den 70- und 80-er-Jahren bei den Ölkrisen auch schon so. Das hat aber nur bedingt etwas mit den Spritpreisen zu tun, da spielen auch Arbeitslosigkeit und schlechte Konjunktur mit. Warum regt der Sprit so auf? Monheim: Sprit ist halt nicht nur irgendein beliebiger Stoff. Er hat enorme Auswirkungen auf die Preise und damit auch auf die Wirtschaftsentwicklung. Wir sind eine Nation von Autofahrern und haben uns eine Abhängigkeit vom Auto geschaffen, was von der Politik auch überproportional gefördert wird. Aber schlaflose Nächte bereitet der Spritpreis den Deutschen nicht. In den vergangenen 30 Jahren hat sich der Autopreis dramatisch erhöht. Da redet aber kein Mensch drüber. Wir jammern über hohe Spritpreise, trotzdem lassen die wenigsten das Auto wirklich mal stehen. Busse und Bahnen transportieren immer noch viel heiße Luft. Monheim: Generell kann man das nicht sagen. Zwar nimmt die Zahl der Fahrgäste im Fernverkehr ab, was eindeutig Nachwehen der Preispolitik der Bahn und des Kaputtmachens des Interregios sind. Aber im Nahverkehr nimmt die Zahl der Fahrgäste zu, vor allem in Regionen, die auf innovative Modelle setzen, neue Züge einsetzen, attraktive Tarife anbieten oder ein Rufbussystem installiert haben. Diese Regionen können enorme Steigerungen verzeichnen. In den meisten Gegenden jedoch fährt die Politik das ohnehin ausgedünnte Angebot noch weiter runter. Wo nix ist, führen auch hohe Spritpreise nicht dazu, dass auf Busse und Bahnen umgestiegen wird. Das heißt, hier bei uns in der Region, in der der Nahverkehr ja eher spärlich ist, hat man gar keine Chance, vom Auto umzusteigen? Monheim: Nicht wirklich. Die Region zählt nun mal nicht gerade zu denen, die an der Spitze des innovativen Nahverkehrs marschieren. Es gibt hier keine Motivation und keine echte Alternative, sein Auto stehen zu lassen. Viele befürchten, dass der Spritpreis noch weiter steigen wird. Monheim: Der wird noch weiter steigen. In fünf Jahren sind wir weit über dem doppelten Benzinpreis von heute. China und die ganzen Entwicklungsländer werden doch fleißig hoch motorisiert, die wollen Benzin haben. Und wenn 1,5 Milliarden zusätzliche Kunden an den Markt kommen, die einen ungeheuren Spritdurst haben, dann reagiert der Markt eben mit hohen Preisen. Soll die Politik in diesen Markt eingreifen, wie es einige mehr oder weniger kluge Köpfe jetzt wieder gefordert haben? Monheim: Ein Preis, der als reiner politischer Kampfpreis festgesetzt wird, ist nicht vermittelbar. Unser Benzinpreis richtet sich nach dem Weltmarkt und der Ökosteuer. Der Preis könnte allenfalls durch das Drehen an der Steuerschraube gesenkt werden. Das kann man aber nicht, weil das Geld ja gebraucht wird. Aber weder Mineralöl- noch Ökosteuer fließen in Verkehrsprojekte. Augenwischerei also? Monheim: Der Name Ökosteuer ist Etikettenschwindel. Ehrlicher wäre Arbeitsmarktbeflügelungs-Abgabe oder so was. Als über die Ökosteuer diskutiert wurde, stand sie tatsächlich noch im Zusammenhang mit ökologischen Projekten. Bereits bei der ersten Stufe diente sie dazu, die Lohnnebenkosten zu senken. Was allerdings die Verbraucher wenig überzeugt hat, weil weder die Arbeitslosigkeit dadurch gesenkt werden konnte noch die Sozialabgaben geringer wurden. Und die Mineralölsteuer ist eben auch keine zweckgebundene Steuer für Verkehrsprojekte. Wichtig wäre eine faire Diskussion über die notwendigen Investionen im Verkehrsbereich und wie man dieses finanzieren will. Da ist die LKW-Maut nur ein erster Schritt. Kürzlich gaben sich etliche Nationen in Bonn das Ehrenwort, mehr auf alternative Energien zu setzen. Alles nur hehre Worte? Monheim : Immerhin hat dort unser ehemaliger Auto-Kanzler seine Lust am Energiesparen entdeckt und gefordert, durch Sparpolitik den Ölförderern zu zeigen, dass man nicht mehr bereit ist, jeden Preis zu akzeptieren. Das zeigt ja auch ein Umdenken. Und die deutsche Autoindustrie, die außer den paar Alibi-Sparmodellen weiterhin Autos mit viel Leistung und hohem Verbrauch anbietet, ist auf dem Erdgas-Trip. In zehn Jahren wird sich das Erdgas-Auto durchgesetzt haben. Aber das ist eben auch eine endliche Quelle genau wie Öl. Es wird an Alternativen gearbeitet. Irgendwann wird es die Brennstoffzelle als Antriebsart und das Wasserstoff-Auto geben. Auch im Bereich Bio-Sprit bewegt sich was. Also nicht nur hehre Worte. Das Gespräch führte unser Redakteur Bernd Wientjes.

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