Beck: Mit Bedacht

MAINZ. Bürokratie-Abbau ja - aber keine Verwaltungs- und Gebietsreform mehr vor 2006: Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) kann sich dabei auf den Koalitionsvertrag mit der FDP berufen. Aber nach der Landtagswahl will er Reformen anpacken - im "möglichst breiten Konsens" mit der CDU.

Sie haben jüngst eingeräumt, der Bürokratie-Abbau sei nicht so weit, wie Sie das eigentlich möchten. Woran hapert es?Beck: Wir haben seit 1994 etwa die Hälfte aller Verwaltungsvorschriften abgebaut. Ich hatte gehofft, dass weniger neue dazukommen. Aber wir haben EU-Recht, das in immer stärkerem Maße bis in die Details durchschlägt. Wenn wir das nicht umsetzen, würden wir uns einem Bußgeldverfahren aussetzen. Zweiter Punkt: Dort, wo wir Freiräume geschaffen haben, etwa bei Genehmigungen für Bauanträge, wird davon nicht genug Gebrauch gemacht, weil man offensichtlich doch gern den Segen der Behörden hat. Beim Landkreistag haben Sie klargestellt, dass die Mittelbehörde aus Ihrer Sicht sakrosankt ist...Beck: Wir haben sie gerade reformiert! Die Direktionen funktionieren hervorragend. Derzeit wird geprüft, wo nachgesteuert werden muss. Bei den kommunalen Strukturen sind freiwillige Zusammenschlüsse der nächste Schritt. Es gab ja ein paar Zuckungen, die dann zum Stillstand gekommen sind. Wir werden Angebote machen, zu unterstützen. Parallel dazu werden Vorbereitungen laufen, um dann auch über die Verwaltungsebene nachzudenken. Ich warne aber davor zu meinen, man müsse nur Verwaltungsgrenzen größer ziehen, und dann wär's das schon. Wenn das Wort Gebietsreform fällt, zucken Sie immer etwas zusammen. Warum?Beck: Weil viel geschwätzt wird, und all diejenigen, die jetzt sagen "oh, das machen wir", sobald sie selber angesprochen sind, sagen "ja, aber doch nicht bei mir!" Das Spiel kenne ich schon, und deshalb wird das in diesem Land in der kommenden Legislaturperiode anders ablaufen. Auch von oben gesteuert? Beck: Das geht am Ende gar nicht anders, als dass man es als zentrales Thema anpackt, natürlich dann mit der kommunalen Ebene intensiv kommuniziert. Dazu braucht man eine handlungsfähige CDU. Es war immer gute Gepflogenheit, dass man solche Dinge in möglichst breitem Konsens macht. Sie haben schon einen Plan? Beck: Die erste Konstante ist, dass die Ortsgemeinden erhalten bleiben, weil sonst eine meiner zentralen Ideen für die Zukunft dieses Landes - Stichwort: Bürgergesellschaft - geradezu aberwitzig konterkariert würde. Der ganze ehrenamtliche Bereich mit Gemeinderat, Ortsbürgermeister und Vereinsvorsitzenden ist ein Pfund, das wir nicht verspielen dürfen. Zweitens: Man wird auf der Ebene der kommunalen Dienstleistungen prüfen müssen, ob nicht manches verzichtbar ist und anderes gemeinsam gemacht werden kann. Erst dann kommt die Frage nach der Größenordnung der kommunalen Gebietskörperschaften. Das gilt für das, was wir heute Verbandsgemeinden nennen... Die Ihr Koalitionspartner für überflüssig hält...Beck: Jaja - wissen Sie: Ich glaube, dass man dreimal überlegen muss. Einen Ballungsraum neu zu strukturieren, ist ein Vergnügen. Aber in der Eifel, im Hunsrück oder im Westerwald dafür zu sorgen, dass die Leute keine riesigen Wege haben, wenn sie ihren Pass verlängern wollen - das hat mit Bürgernähe zu tun. Ein weiterer Punkt: Die Ortsbürgermeister müssen sich auf eine leistungsfähige Verwaltung verlassen können. Wenn ich Baurecht und Steuerheberechte bei den Ortsgemeinden lasse, brauche ich jemanden, der das für die Ehrenamtlichen umsetzt. Das alles bei der Kreisverwaltung zu machen, würde in ländlichen Regionen heißen: sehr weit weg. Ich glaube nicht, dass wir ohne eine Struktur dazwischen auskommen werden. Dass es Verbandsgemeinden mit drei Ortsgemeinden gibt, widerspricht meiner These nicht. Wie man das vernünftig neu ordnet, darüber muss man reden. Geht es darum, bestehende Strukturen zu verschlanken?Beck: Das habe ich nicht gesagt. Ich habe nur gesagt, dass man nicht einfach eine Ebene rausbrechen kann.

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