Beginn des Endspiels

Washington. (die) Am Mittwoch will US-Außenminister Colin Powell dem UN-Sicherheitsrat Beweise vorlegen dafür, dass der Irak über Massen-Vernichtungswaffen verfügt.

In den Fluren des US-Außenministeriums brennen die Lichter in diesen Tagen bis spät in die Nacht. "Wie im Fieber", so gestand Colin Powells Stellvertreter Richard Armitage, werte man noch weitere Satellitenfotos, abgehörte Telefongespräche und Aussagen von Überläufern aus, um dem UN-Sicherheitsrat und der Weltöffentlichkeit am Mittwoch nachzuweisen, dass Saddam Hussein weiter gegen die Auflagen zahlreicher UN-Resolutionen verstößt und somit auch ein Waffengang gerechtfertigt werden kann. Doch je näher dieser Augenblick rückt, den Insider in Washington als "Beginn des Endspiels" kennzeichnen, desto häufiger warnen Regierungsmitglieder vor allzu hohen Erwartungen vor der "Beweis-Show" des US-Außenministers. Die Standardformel dabei lautet: Es werde eher eine "Kette an Indizien" geben als einen einzigen, unwiderlegbaren Beweis für die Existenz von Massen-Vernichtungswaffen. Während der Irak mittlerweile bereits von "erfundenen und gefälschten" Beweisen spricht, glaubt Powell, dennoch gute Karten zu haben. Denn erstmals sollen auch Dialoge zwischen irakischen Beamten und Wissenschaftlern vorlegt werden, die von der US-Abhörbehörde NSA aufgezeichnet wurden. Hinzu gesellen sich Satellitenfotos von mobilen Laboratorien, die unter anderem auch Erkenntnisse des deutschen Bundesnachrichten-Dienstes (BND) erhärten sollen, nach denen der Irak über zahlreiche mobile Labors zur Herstellung von chemischen Kampfstoffen verfügt. Pikant angesichts der Ablehnung jeglicher militärischer Konsequenzen durch die Bundesregierung ist, dass sich Powell bei seiner Präsentation auch auf Einzelheiten beziehen will, die den Mitgliedern des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages im November vergangenen Jahres in einer geheimen Sitzung von BND-Chef August Hanning mitgeteilt worden waren. Ohnehin muss Hanning damit rechnen, dass er selbst als einer der "Kronzeugen" für die US-Argumentationskette dienen wird: Denn in den USA ist es den Regierungsstellen nicht entgangen, dass der BND-Chef in einem Interview wörtlich formuliert hatte: "Es ist unsere Einschätzung, dass der Irak innerhalb von drei Jahren eine Atombombe besitzen wird." Man glaubt deshalb in Washington auch, dass der BND über umfangreiches Material verfügt, das noch nicht vollständig übergeben wurde. Als wohl heikelster Punkt gilt beim Powell-Auftritt der Versuch, konkrete Verbindungen zwischen der Regierung in Bagdad und der El Kaida-Terrororganisation herzustellen.

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