Bei Familien geht's voran, beim Mindestlohn nicht

Zahlreiche Konfliktthemen hatten sich vor dem Treffen der Koalitionsspitze am Montagabend aufgestaut, und der Wahlkampf in Bremen hatte die Tonlage zwischen CDU, SPD und CSU noch verschärft. Längst nicht bei allen umstrittenen Themen gab es Einigkeit.

Berlin. Die Spitzenrunde mit Angela Merkel, Vizekanzler Müntefering sowie den Partei- und Fraktionschefs brauchte bis Mitternacht und konnte auch dann nur eine Einigung in Teilbereichen verkünden. Fest steht nun: Die versprochenen neuen Krippenplätze kommen, der Mindestlohn jedoch nicht. Die Details:Familienpolitik: Die SPD setzte einen Rechtsanspruch auf Betreuung für Kinder im Alter von einem bis drei Jahren durch. Er soll erst ab 2013 gelten, aber schon in dieser Legislaturperiode gesetzlich beschlossen werden. Bis 2013 müssen nun ausreichend Plätze errichtet werden, um den Bedarf - gerechnet wird mit 35 Prozent aller Kinder - zu decken. An den Gesamtkosten von zwölf Milliarden Euro bis 2013 für den Aufbau von 500 000 zusätzlichen Krippenplätzen zu den existierenden 250 000 will sich der Bund zu einem Drittel beteiligen, also mit vier Milliarden Euro. Der Bund will nicht nur Bauzuschüsse geben, sondern auch die Betriebskosten mittragen, und das auch nach 2013. Wie dieses Geld verfassungsrechtlich sauber vom Bund auf Länder und Kommunen übertragen werden kann, sollen die Fachpolitiker ausarbeiten. Geprüft wird ein Stiftungsmodell. Überlegt wird aber auch ein Vorwegabzug vom Aufkommen der Umsatzsteuer. Zum Kompromiss gehört auf Drängen der CSU, dass Eltern, die ihre Kinder selbst betreuen, ab 2013 ein monatliches Betreuungsgeld erhalten "sollen". Während CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer schon ankündigte, dieses Betreuungsgeld werde 150 Euro im Monat betragen, sagte SPD-Fraktionschef Struck, "soll" bedeute, dass man prüfe, ob das überhaupt finanzierbar sei. Er habe daran Zweifel.Mindestlohn: Seit Monaten kämpft die SPD für einen flächendeckenden Mindestlohn, doch die Union lehnte das auch am Montagabend wegen angeblich drohender Arbeitsplatzverluste erneut strikt ab. "Das Große und Ganze ist unbefriedigend geblieben", meinte Arbeitsminister Franz Müntefering enttäuscht. Vereinbart wurde jedoch, eine Ausweitung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes auf weitere Branchen zu "prüfen". Dazu will Müntefering am 18. Juni der Koalitionsspitze einen Vorschlag machen. Mit dem Entsendegesetz kann der Arbeitsminister tariflich verabredete Entgelte in der jeweils untersten Lohngruppe einer Branche für allgemeinverbindlich erklären. Bislang gilt es nur für wenige Bereiche. Die Union erklärte sich allerdings bereit, in einem sehr begrenzten Maße staatliche Lohnfestlegungen zuzulassen. Einen Lichtblick gibt es für Geringverdiener mit einem monatlichen Bruttoeinkommen zwischen 800 und 1200 Euro, die zusätzlich auf Arbeitslosengeld II angewiesen sind. Die SPD will ihnen einen Zuschuss zahlen, der anfänglich bei 160 Euro liegt und bis zu einer Verdienstgrenze von 1200 Euro schrittweise ausläuft. Im Gegenzug würde das ergänzende ALG II wegfallen. Erbschaftssteuer: Nur noch durchgewunken wurde der schon vorher formulierte Kompromiss. Demnach stimmt die SPD der Unternehmenssteuerreform mit einer Entlastung von rund fünf Milliarden Euro für die Unternehmen zu. Im Gegenzug garantiert die Union die Fortsetzung der Erbschaftssteuer, die von einigen Unionspolitikern grundsätzlich in Frage gestellt worden war. Diese soll bei einer Reform so gestaltet werden, dass das Aufkommen mindestens gleich bleibt

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