Berlin braucht Hilfe

BERLIN. (bb) Der Berliner Senat will am heutigen Dienstag beschließen, vor dem Bundesverfassungsgericht Klage zu erheben, mit dem Ziel, den Bund und die Länder - die selbst hoch verschuldet sind - zur Mithilfe bei der Sanierung des maroden Haushaltes zu zwingen.

Die Hauptstadt steht mit 50 Milliarden Euro in der Kreide, Tendenz steigend. Im Etatentwurf für die Jahre 2004 und 2005 sind weitere 5,5 Milliarden Euro neue Schulden aufgelistet. Nach dem Vorbild des Saarlandes und Bremens, die Anfang der 90er-Jahre zusätzliche Bundeszuweisungen erstritten haben, erhofft sich Berlin bis zu 40 Milliarden Euro, verteilt auf mehrere Jahre. Bislang hat sich Bundesfinanzminister Hans Eichel gegen diesen Anspruch gewehrt. Eichel musste erst vergangene Woche erneut eine Defizitprognose von 3,8 Prozent an die EU in Brüssel melden. Erlaubt sind höchstens drei Prozent mehr Schulden gemessen am Bruttoinlandsprodukt. Nun hat Eichel für das kommende Jahr rund 38 Milliarden Euro nur für Zinsverpflichtungen in den Etat eingestellt - die im Prinzip über neue Schulden finanziert werden: Die Nettokreditaufnahme beläuft sich 2004 auf 30 Milliarden Euro. Ein finanzpolitischer "Scherbenhaufen", wie nicht nur FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhardt meint. Doch es kommt noch "besser": Die Subventionen des Staates, eigentlich zur kurzfristigen Stabilisierung schwächelnder Branchen gedacht, werden nicht etwa reduziert, wie das erklärte Absicht von Koalition und Opposition ist; sie steigen im laufenden Jahr sogar an. Insgesamt legten die direkten Hilfen des Bundes und der Länder sowie die Steuervergünstigungen im Vergleich zu 2002 um 6,5 Prozent (auf 59 Milliarden Euro) zu, heißt es nach Informationen der "Berliner Zeitung" im neuen Subventionsbericht der Bundesregierung. Der Bund ist daran mit 22,9 Milliarden Euro beteiligt, was eine Zunahme um 600 Milionen Euro bedeutet. Der Bericht soll im Herbst offiziell vorgestellt werden. Zu dieser Zeit wird auch der Kürzungsvorschlag der Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU, Hessen) und Peer Steinbrück (SPD, Nordrhein-Westfalen) erwartet. Deren Zielsetzung einer gleichmäßigen Kürzung wird von der Bundesregierung jedoch abgelehnt. Wie schlimm die gesamtstaatliche Finanzproblematik aussieht, verdeutlichte am Montag auch der Bund der Steuerzahler. Die Schulden von Bund, Ländern und Gemeinden hätten "das dramatische Ausmaß von 1,3 Billionen Euro erreicht", sagte Präsident Karl Heinz Däke in Berlin. Selbst wenn die öffentliche Hand ab sofort keine neuen Schulden mehr aufnehmen und monatlich eine Milliarde Euro zurückzahlen würde, dauerte es über 100 Jahre, bis alle Schulden getilgt seien, rechnete Däke vor.

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