Billiger und doch teurer

TRIER. Erst die Praxisgebühr, dann die Zuzahlungen in der Apotheke. Obwohl die Gesundheitsreform seit gut einem Monat gilt, weiß Thea Vogel, ältestes Mitglied der TV -Familie, noch immer nicht, was nochalles auf sie zukommen wird. Zum Beispiel in einer Massagepraxis.

Der Rücken. Oma Vogel plagen immer noch die Rückenschmerzen. Zwar helfen die Tabletten, die der Arzt ihr verschrieben hat, ein wenig, die Schmerzen sind zurückgegangen. Aber sie kann sich immer noch nicht richtig bewegen. Eine falsche Bewegung und schon tut ihr der Rücken weh. "Ich verschreib Ihnen mal sechs Massagen", hat ihr Arzt gesagt. Das hat ihr früher auch schon geholfen. Als sie dann in die Praxis des Physiotherapeuten geht, um einen Termin auszumachen, erlebt sie eine Überraschung. Als sie ihr Rezept abgibt, verlangt der Therapeut zehn Euro. "Moment mal", ist Thea Vogel erstaunt. "Warum muss ich denn bei Ihnen bezahlen? Ich habe doch schon zehn Euro beim Arzt bezahlt, der hat mich doch an sie überwiesen. Da brauche ich doch keine Gebühr mehr zu zahlen." Doch. Jeder Patient bezahlt beim Physiotherapeuten eine Verordnungsgebühr von zehn Euro pro Rezept, erklärt Herbert Schneider, Geschäftsführer des Verbands Physikalische Therapie Rheinland-Pfalz-Saar. Die zehn Euro sind auf jeden Fall fällig, auch wenn beim Arzt eine Praxisgebühr bezahlt wurde. Die Zuzahlung wird genau wie bei Ärzten und Apothekern mit den Krankenkassen verrechnet. "Das auch noch", stöhnt Thea Vogel, der die höheren Zuzahlungen und die Praxisgebühr immer noch zu schaffen machen. "Muss man denn überall nur noch bezahlen?" "Ich weiß, es ist echt nicht mehr feierlich. Bei uns beschweren sich dauernd Patienten, weil sie nicht gewusst haben, dass sie bei uns auch noch zahlen müssen", sagt der Therapeut. "Natürlich sind die Zuzahlungen gestiegen, aber wie ich finde in einem akzeptablen Rahmen." Denn statt 15 Prozent zahlen die Patienten in den Massagepraxen nur noch zehn Prozent der Kosten. Herbert Schneider gibt ein Beispiel: Für sechs Massagen mit Warmpackung zahlt ein bei der AOK versicherter Patient statt 14,36 Euro nun 19,58 Euro. Die Zuzahlung für eine Verordnung von zehn ergotherapeutischen Behandlungen schwankt nach Auskunft einer Trierer Ergotherapie-Praxis je nach Kasse, Art und Umfang der Behandlung zwischen 24,41 Euro und 41,98 Euro, auf die dann noch zehn Euro Rezeptgebühr kommen. "Ja, wenn man das so sieht, dann ist es ja gar nicht so viel", sieht Thea Vogel ein. Doch noch ist sie skeptisch. "Aber letztens hat mir eine Freundin erzählt, dass sie gar keine Massage mehr verschrieben bekommen hat." "Das ist frei erfunden. Jeder Arzt, der die Notwendigkeit von Massagen oder Krankengymnastik erkennt, wird die auch weiterhin verschreiben können", klärt sie ihr Masseur auf. Massagen, Lymphdrainagen, Packungen, krankengymnastische Behandlungen, Ergotherapie und Logopädie gehören auch weiterhin zum Leistungskatalog der gesetzlichen Kassen, klärt der Verband der Physiotherapeuten auf. Auch die Diagnosen, bei denen sie verschrieben werden können, seien nicht eingeschränkt worden. "Der für Ärzte und Krankenkassen verbindliche Heilmittelkatalog setzt Diagnose und Ursache in Zusammenhang mit der verordnungsfähigen Behandlung", erklärt Schneider. So fordert der Heilmittelkatalog bei der Diagnose "lokale Wirbelsäulenerkrankung der Halswirbelsäule" die Verordnung von bis zu acht Massagen. "Das ist gut zu wissen", freut sich Oma Vogel. "Aber man braucht sich ja nicht mehr zu wundern, dass die Leute erst gar nicht mehr zum Arzt gehen oder zu Ihnen zur Behandlung kommen, wenn die überall nur bezahlen müssen." "Das sagen Sie gut. Wir haben auch schon gemerkt, dass weniger Leute zu uns kommen. Aber gespart werden kann dadurch nichts. Die Leute verschleppen ja ihre Krankheit nur, und dann wird es teurer für die Kassen", sagt der Therapeut, während er einen Termin für Thea Vogel einträgt. "Dann sehen wir uns nächste Woche wieder." Zur TV -Familie Vogel gehören neben Thomas (36) und Tanja (34) Vogel mit ihren Kindern Tim (14) und Teresa (6) auch Oma Thea Vogel (64), deren allein erziehende Tochter Tina Vogel (30) und ihre Kinder Tobias (9) und Tabea (3). Die Vogels sind frei erfunden, aber keineswegs unrealistisch. Sie geben den Lesern als " TV -Familie" Tipps für den Alltag.

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