Bloß kein falsches Wort

Washington. US-Präsident George W. Bush hat vor dem Kongress-Untersuchungsausschuss zu den Terroranschlägen vom 11. September 2001 ausgesagt. Ihm zur Seite stand sein Vize Dick Cheney.

Keine Tonbandaufzeichnungen. Kein Gesprächsprotokoll. Drei Anwälte, die US-Präsident George W. Bush und seinem Vize Dick Cheney beistanden. Und keine Vereidigung der beiden Spitzenpolitiker - im Gegensatz zu anderen Regierungsmitgliedern, die zuvor dem Untersuchungsausschuss zu den Terroranschlägen des 11. September 2001 Rede und Antwort gestanden hatten. Was Bush und Cheney sagen würden, dürfte ohnehin nicht als rechtlich verbindliche "Aussage", sondern nur als "Gesprächsbeitrag" gelten, hatten Mitarbeiter des Präsidenten zuvor schon klargemacht. Das war das Szenario für die mit Hochspannung erwartete Frage- und Antwort-Prozedur, die gestern unter allergrößter Geheimhaltung in Bushs Dienstzimmer und nicht auf dem offenbar als "feindlicher Boden" angesehen Kapitol stattfand. Angesichts der erkennbaren Absicht der Regierung, zunächst so wenig wie möglich über den Ablauf der Ereignisse nach außen dringen zu lassen, war gestern Abend noch nicht klar, ob Bush und Cheney während des gut dreistündigen Termins von der Strategie abgewichen waren, von anderen Zeugen angedeutete Versäumnisse im Vorfeld der Terroranschläge in Abrede zu stellen. Denn im Mittelpunkt der Fragen würde, das stand vorher fest, jenes an Bush gerichtete Memorandum des Geheimdienstes CIA stehen, das fünf Wochen vor den Attacken die warnende Überschrift trug: "Bin Laden ist entschlossen, in den USA zuzuschlagen." Am Tag, als eine "New York Times"-Umfrage dem Präsidenten mit nur noch 46 Prozent die bisher niedrigste Zustimmungsrate in der Bevölkerung seit Amtsantritt attestierte, setzte Bush weiter auf das Prinzip: Je weniger die Öffentlichkeit weiß, umso besser. Das wurde besonders deutlich, als er sich nach der Befragung Reporterfragen stellte: Die Anhörung sei "wichtig" gewesen, es habe eine "gute Diskussion" und "viele gute Fragen" gegeben, die er alle beantwortet habe. Viel mehr sagte Bush nicht. US-Rechtsexperten sehen vor allem im Fehlen einer offiziellen Mitschrift der Befragung den Versuch, mögliche Folgeschäden zu begrenzen. Der Umstand, dass Bush auf einem gemeinsamen Auftritt mit seinem als wesentlich geschickterer Formulierer bekannten Stellvertreter bestanden hatte, sorgte im Vorfeld für Unmut. Ein Regierungssprecher verweigerte gestern wohl auch deshalb Auskunft darüber, ob Bush und Cheney gemeinsam für die Befragung durch die je fünf Republikaner und fünf Demokraten trainiert hatten. Ende Juli will die Kommission ihren Bericht veröffentlichen - zu Beginn der heißen Wahlkampf-Phase, zum ungünstigsten Zeitpunkt also für Bush.

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