Böhr: Mit Effizienz

MAINZ. Mehrfach-Zuständigkeiten radikal abbauen und Verantwortung auf die Kommunen verlagern, wo immer möglich: Nach der Landtagswahl 2006 will die CDU eine Verwaltungs- und Gebietsreform anpacken. Doch das Konzept, das vorbereitet wird, rüttelt nicht an den Grundstrukturen.

Beim Thema Verwaltungs- und Gebietsreform taucht die CDU irgendwie ab. Hat die Partei Probleme, eine Linie zu finden?Böhr: Seit einem Jahr beschäftigt sich eine Arbeitsgruppe der Fraktion mit diesen Themen und steht unmittelbar vor dem Abschluss. Von Abtauchen kann also keine Rede sein. Halten Sie dabei weiter an einer Rückkehr zu den alten Bezirksregierungen fest?Böhr: Es geht erstens um die Abschaffung aller mehrfachen Zuständigkeiten, damit eine Ebene abschließend entscheidet. Zweitens muss so viel wie möglich von oben nach unten verlagert werden. Notwendig sind auch Mittelbehörden. Das heißt nicht die Rückkehr zur alten Bezirksregierung, sondern eine schlanke Behörde mit umfassender Zuständigkeit jeweils in den drei Regionen. Die bestehenden Verwaltungsstrukturen sollen also bleiben, nur effizienter. Es wird also keine Einschnitte geben?Böhr: Effizienzsteigerung wäre bereits ein gewaltiger Fortschritt. Die Verschlankung und Rückführung aller Mehrfachzuständigkeiten wird in den Funktionen zu einem anderen Behördenaufbau führen, der Verwaltung ortsnah belässt und Effizienz bringt. Das heißt, Verbandsgemeinden und Kreise werden im Zweifelsfall in größere Einheiten zusammengefasst, aber die Struktur von Orts- und Verbandsgemeinde über Kreise und Mittelbehörde bleibt?Böhr: Ja. Von der Vorstellung, wir machen kleinere Kreise und dafür schaffen wir die Verbandsgemeinden ab oder umgekehrt, sind wir nach langer Diskussion abgekommen. Wir müssen einen Spagat versuchen: Wir wollen die bürger- und ortsnahe, aber auch eine schlanke Verwaltung. Können Sie Beispiele nennen für Doppelzuständigkeiten, die künftig nur noch bei einer Stelle angesiedelt werden sollen?Böhr: Nehmen Sie das Wasserrecht oder alles, was in Landessonderbehörden organisiert ist, bei der Denkmalpflege oder beim Landesjugendamt. Statt einem Acht- oder Zehn-Augen-Prinzip reichen auch zwei- oder höchsten vier Augen. Reformansätze und Diskussion um Neuzuschnitte haben immer auch etwas mit der Verteilung von Macht und Einfluss zu tun und scheitern daher oft. Ist dieser Mechanismus nur mit Vorgaben von oben aufzubrechen?Böhr: Ich glaube, dass unser Vorschlag deswegen gut umzusetzen ist, weil er nicht auf die ersatzlose Auflösung einer Ebene hinausläuft. Die Widerstände werden deshalb nicht gewaltig sein. Es wird Widerstände geben in Gebietskörperschaften, von denen alle Beteiligten wissen, dass sie zu klein sind, um überlebensfähig zu sein. Wir haben einige VG's, die zu klein sind. Auch in einzelnen Kreisen stellt sich diese Frage. Der ständige Ruf nach Aufgabenkritik erinnert an ein Schwarzer-Peter-Spiel. Jeder ruft danach, aber keiner fängt damit an.Böhr: Deswegen haben wir uns ja der Mühe unterzogen und jede einzelne Aufgabe auf Zuständigkeiten hin überprüft. Wenn sie beim Bauen oder Planen nur noch eine einzige Ebene haben, wird auch bestimmten Kumpaneien vor Ort Tür und Tor geöffnet. Man darf beim Zurückführen nicht so tun, als sei dies der Stein der Weisen in allen möglichen Fragen. Dennoch bin ich der Auffassung, wir müssen jetzt die Hecke drastisch zurückschneiden, um Erfahrungen zu sammeln. Ministerpräsident Beck will nur zusammen mit der CDU eine große Reform anpacken, um Widerstände zu überwinden. Haben Sie dafür einen Zeitplan?Böhr: Eine solche Reform kann aus Zeitgründen nur zu Beginn einer Wahlperiode gemacht werden. Wir werden mit unserem Konzept nach der Landtagswahl auf die dann vorhandene Opposition zugehen. Die Gespräche führten Joachim Winkler und Claudia Renner.

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