Boykott-Drohungen gegen Preissenkung

In kaum einer Region polarisiert die Diskussion um die Milchpreise so sehr wie in Eifel und Hunsrück. Während sich die Verbraucher über niedrige Preise freuen, hängt dort auch die Existenz von hunderten Milchbauern von einem auskömmlichen Preis ab.

Pronsfeld/Thalfang. Erst vor wenigen Wochen hatten die Milchbauern in der Region ihr Lächeln zurückgewonnen. Nach schweren Jahren stimmte der Lebensmitteleinzelhandel Preiserhöhungen bei Milch, Käse und Quark zu - die Milcherzeuger in der Region bekamen von den Molkereien gegen Ende des Jahres rund 40 Cent pro Kilogramm Milch. Für viele Experten liegt bei dieser Marke die Schwelle zu einem auskömmlichen Preis für die Landwirte. Doch die Freude hielt nur kurz: In der neuen Preisrunde hat der Handel die Erhöhungen zurückgenommen und kündigt schon kräftige Preisnachlässe für die Verbraucher an: erst Aldi, Lidl und Rewe - und gestern zog nun auch Edeka nach. Für die beiden großen Molkereien in der Region, die Hochwald Molkerei in Thalfang und die Milch Union in Pronsfeld, ist die Ausgangslage schwierig. Sie verhandeln mit den Lebensmittelkonzernen die Preise und stehen somit zwischen dem Handel und den Forderungen der Bauern. Anders als im vergangenen Jahr spricht derzeit die Marktlage gegen Molkereien und Landwirte. Es gibt zu viel Milch. Zum einen haben die deutschen Landwirte daran selbst Schuld. Bei dem guten Preis haben sie ihre Produktivität erhöht. Nach Angaben der Milchindustrie haben die Bauern im Jahr 2007/08 mehr als 300 000 Tonnen Milch mehr geliefert, als ihnen die Milchquote erlaubt. Auch aus Frankreich drängt Milch in den Markt. "Die Franzosen bieten die Milch derzeit für 27 Cent an", beklagte kürzlich der Vizepräsident des Deutschen Bauernverbands, Franz-Josef Möllers, in Bitburg. Zudem erschwert der hohe Eurokurs die Ausfuhr von Milchprodukten. Mit heftiger Kritik haben der Bauernverband und der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) auf die Preispolitik des Handels reagiert. Die Milchbauern drohen sogar mit einem Lieferstopp. Zwar sei der Liefer-Boykott noch nicht beschlossen, sagte der Geschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Milchviehhalter (BDM), Thorsten Sehm, aber ein Umfrage unter den Verbandsmitgliedern habe ergeben, dass 88 Prozent dazu bereit seien. Auch BDM-Landesvorsitzender Oliver Grommes aus Auw (Eifelkreis Bitburg-Prüm) sieht eine hohe Boykott-Bereitschaft. "Wir bekommen auch ständig Anfragen von Nichtmitgliedern, die sich an einer Aktion beteiligen würden."Experten gehen davon aus, dass die Milchbauern bundesweit mindestens drei bis vier Tage keine Milch abliefern dürften, damit es die Verbraucher überhaupt beim Einkauf zu spüren bekämen.

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