Bürgerrechte nach dem Tod

Washington. Sie sind jung und oft gerade erst eingewandert: Für Amerika ziehen zahlreiche unerfahrene Soldaten in den Krieg.

Korporal Jose Garibay war 18 Jahre alt, als er sich bei derUS-Marineinfanterie bewarb, und gerade 21, als er im Gefecht umdie Stadt Nasirijah durch die Kugel eines irakischenScharfschützen starb. Korporal Jesus de Solar kam 1997 aus Mexikonach Kalifornien, um den amerikanischen Traum zu leben, und wurdeals 20-jähriger am Wochenende im Süden Bagdads von einer Granatezerrissen. Der Gefreite Francisco Flores, 22 Jahre alt undebenfalls in Mexiko geboren, ertrank in der ersten Kriegswoche inden Fluten des Euphrat, als sein Panzer während einerNachtattacke von einer Brücke in den Fluß stürzte. Die Fotos in den Nachrufen, die in diesen Tagen in den US-Zeitungen den "toten Helden" gewidmet sind, fallen vor allem durch eines auf. Sie zeigen fast immer jungenhafte Männer in prunkvollen Uniformen, meist kaum älter als 20 Jahre, die nach kurzer Grundausbildung - dem so genannten "boot camp" - ins Gefecht geschickt wurden und die zu einem großen Teil ethnische Minderheiten repräsentieren. Für die mexikanischen Einwanderer Garibay, de Solar und Flores war die US-Armee der Hoffnungsträger zu einem gesellschaftlichen Aufstieg und zur amerikanischen Staatsbürgerschaft. Diese besaß bereits die 23-jährige Lori Piestewa aus dem Reservat der Hopi-Indianer im US-Bundesstaat Arizona. Die Mutter zweier Söhne, drei und vier Jahre alt, fiel jetzt als erste Frau im Kampfeinsatz, als ihre Versorgungskolonne in einen Hinterhalt geriet. Lori Piestewa hatte das Zimmer bei ihrer Armee-Ausbildung in Texas mit der 19-jährigen Jessica Lynch geteilt - jener jungen Soldatin, die vergangene Woche durch einen spektakulären nächtlichen Sondereinsatz aus einem irakischen Hospital befreit wurde und von der Schule nur zur Armee ging, um sich eine Ausbildung als Lehrerin zu verdienen.

Dass Amerikas Fronttruppen vor allem aus jungen Männern und Frauen bestehen, die oft aus sozial schwachen Schichten kommen und fast immer ohne vorherige Erfahrung ins Gefecht geworfen werden, ist Kritikern bereits seit dem Afghanistan-Feldzug ein Dorn im Auge. Besonders lautstark ist dabei der demokratische Kongressabgeordnete Charles Rangel aus New York, in dessen Wahlkreis vorwiegend Farbige leben und der seit Monaten vehement für die Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht plädiert. "Es ist einfach nicht fair", sagt Rangel, "dass wir ausgerechnet jene Menschen bitten, den Krieg zu führen, die aus wirtschaftlichen Gründen zum Militär gekommen sind". Nach Rangels Auffassung ist der Anteil farbiger und einkommensschwacher Soldaten gerade in den unteren Rängen wesentlich höher als in anderen Branchen. Im Pentagon argumentiert man hingegen, dieses Phänomen zeige doch, dass die Armee gerade für diese Gesellschaftsgruppe besondere Chancen biete. Auch Korporal Jose Garibay habe diese Chance erkannt, sagt seine in Kalifornien lebende Schwester: "Obwohl mein Bruder sich als Mexikaner fühlte, liebte er das Land, in dem er wohnte. Deshalb zog er auch für die USA in den Krieg und sagte, er werde als Held zurück kommen." Jetzt hat die US-Regierung Jose Garibay posthum die amerikanische Staatsbürgerschaft verliehen.

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