Chancen der Liberalen in NRW: Der Partner steht in den Sternen

Berlin · Berlin Die SPD 38 Prozent, CDU 27, FDP zehn, Grüne nur noch sieben und die AFD elf Prozent - laut der jüngsten Umfrage könnte es nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen im Mai neben einer Zusammenarbeit von SPD und Union nur eine sozialliberale Koalition geben. Unser Berliner Korrespondent Werner Kolhoff sprach darüber mit dem FDP-Landes- und Bundesvorsitzenden Christian Lindner: In der jüngsten Umfrage liegt Hannelore Kraft weit vorne.

Gibt es in NRW überhaupt keine Wechselstimmung?LINDNER Doch, die jetzige rot-grüne Regierung hat keine Mehrheit mehr. Die Menschen sind mit der Regierung nicht zufrieden. Hannelore Kraft profitiert nur vom massiven Absturz der Grünen, bei denen Beobachter schon spekulieren, ob sie die Fünf-Prozent-Hürde schaffen. Das liegt vor allem an der gescheiterten Bildungspolitik von Sylvia Löhrmann, der Prestigeprojekte wichtiger waren als Qualität im Klassenraum.Laut der letzten Erhebung hätte Rot-Gelb eine Mehrheit. Werden wir die Wiederauferstehung sozialliberaler Koalitionen erleben?LINDNER Wir haben die Beteiligung an einer Ampel-Koalition mit SPD und Grünen ausgeschlossen. Das gilt weiter nach der Wahl, übrigens auch nach der Bundestagswahl. Die Grünen träumen von einem Richtungswechsel bei uns, um doch an der Macht zu bleiben. Das wird nichts. Darüber hinaus sind wir offen für Gespräche, weil wir das Land ja verändern wollen. Aber eine sozialliberale Mehrheit hätte es schon seit 2012 gegeben. Hannelore Kraft hat sich lieber an die Grünen gekettet und mit ihnen zusammen dem Mittelstand und dem Handwerk bürokratische Knüppel zwischen die Beine geworfen. Mir fehlt im Moment die Fantasie, dass der Wahlterminam 14. Mai aus Frau Kraft plötzlich eine ganz andere Politikerin machen wird.Angesichts ihrer massiven Kritik an der Ministerpräsidentin könnten Sie eigentlich heute schon sagen: Nein, wir verhelfen ihr nicht zu einer neuen Amtszeit.LINDNER Wir werden in keinem Fall die rot-grüne Regierungspolitik fortsetzen, darüber hinaus stehen wir aber als gute Demokraten für Gespräche über einen Politikwechsel zur Verfügung. Wir brauchen Flächen für Wohnungsbau, Investitionen in die Infrastruktur, weniger Bürokratie und ein besseres Bildungssystem.Wir sind keine Protestpartei, aber im Zweifel machen wir lieber Opposition, als faule Kompromisse zu schließen.Martin Schulz spekuliert im Bund auch auf eine Ampelkoalition als Alternative zu Rot-Rot-Grün. Schieben sie vor solche Überlegungen einen gelben Riegel wie in NRW?LINDNER Noch gibt es ja keine Wahlprogramme. Was ich aber von Martin Schulz höre, erinnert doch sehr an die gescheiterte Politik von Francois Hollande in Frankreich. Höhere Steuern, mehr Staat. Oder jetzt die Abwicklung der Agenda 2010. Stattdessen müsste man doch mehr dafür tun, um Menschen zu befähigen, ihre Zukunft in die Hand zu nehmen. Also Geld in die Bildung stecken, auch in die digitale Infrastruktur. Aber die Tür machen Sie da jetzt noch nicht zu?LINDNER Ich schließe aus, dass wir Steigbügelhalter für einen Linksruck werden. Ansonsten wollen wir im Wahlkampf über Inhalte sprechen. Und nicht über Koalitionsaussagen. Mit wem eine Politik für mehr Flexibilität, mehr Investitionen, schlanke Bürokratie, weniger Steuern und Kontrolle bei der Zuwanderung umsetzbar ist, steht in den Sternen. wk Interview Christian Lindner

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