Chaos schon vor der Maut-Einführung

BERLIN/TRIER. Der Druck auf Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) wächst. Verbände und Spediteure fordern eine Verschiebung der LKW-Maut, sonst drohe Deutschland am 1. September ein Verkehrschaos.

Lastwagen blockieren Tankstellen und Auffahrten, Brummi-Fahrer schwitzen vor Computer-Terminals, und PKW-Fahrer stehen hilflos im Stau. Lobbyisten des Güterverkehrsgewerbes und vielen Verbänden zufolge erwartet dieses Szenario Deutschland, wenn Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe pünktlich zum 31. August die Mautpflicht für LKW auf bundesdeutschen Autobahnen einführt. Schon vor Wochen haben sich Spediteure aus der Region Trier über die Vorbereitungen zur Maut-Einführung beklagt (der TV berichtete). Um einen reibungslosen Ablauf beim Start der LKW-Maut zu gewährleisten, fehlten hunderttausende von so genannten On-Board-Units (OBUs). Mit diesen Geräten wird die Fahrt der Lastwagen automatisch registriert, die fällige Maut dem Unternehmen in Rechnung gestellt. Rund 1,2 Millionen solcher OBUs wären notwendig, um die deutschen LKW auszurüsten. Bis Ende August wird Toll Collect, das Betreiberkonsortium aus DaimlerChrysler, der Deutschen Telekom und dem französischen Unternehmen Cofiroute, gerade einmal 150 000 dieser Einheiten anbieten. Damit muss sich die Mehrzahl der Lastwagenfahrer per Internet oder bei den deutschlandweit 3500 manuellen Mautstellen einloggen. Für den ADAC Deutschland ein großes Problem. "Da der Zahlvorgang gerade in der Einführungsphase relativ zeitaufwändig ist, ist mit langen und gefährlichen Rückstaus an den Zahlstellen zu rechnen. Die meisten Tankstellen sind für einen größeren Andrang gar nicht ausgerüstet", warnt der ADAC. Philipp Schultz, Verkehrs-Experte der Industrie- und Handelskammer Trier, sieht diese Gefahr auch in der Region. Insgesamt 25 Tankstellen sind mit manuellen Maut-Terminals ausgerüstet worden. Noch sind auf diesen Geräten nur Demo-Versionen, die Pächter wurden auch noch nicht geschult. Toll Collect erklärte auf TV -Anfrage, dass alle 3500 Terminals bis Ende nächster Woche einsatzbereit seien. Ein Unternehmenssprecher: "Zudem laufen gerade die Schulungen der Pächter durch die Tüv-Akademie." Zusätzliche manuelle Mautstellen soll es vorerst nicht geben. Für Schultz wird es damit in der Region zu Problemen kommen. Schultz: "Vor allem an der B 51 und im Bereich Sehlem/Salmtal fehlen Standorte. Die Unternehmen dort müssen weite Umwege in Kauf nehmen." Die Bundesregierung plagen derweil andere Sorgen. Kommt es, wie von vielen gefordert, zu einer Verzögerung bis zum 1. November, würde der Bund rund 360 Millionen Euro an Mauteinnahmen verlieren. Zudem hätte die Bundesregierung drei Monate lang keine Ansprüche auf Schadensersatz gegen das Betreiberkonsortium Toll Collect. Das Unternehmen sei vom Verkehrsministerium bis Anfang Dezember von Regressforderungen freigestellt worden, sagte Toll-Collect-Geschäftsführer Michael Rummel der "Financial Times Deutschland".

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