Clements Litanei

BERLIN. Die harten Fronten weichen auf, es tut sich was in Deutschland: Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt lobt die Gewerkschaften, fordert aber eine weitere Lockerung des Kündigungsschutzes. Die weist Wirtschaftsminister Wolfgang Clement ebenso zurück wie Änderungen am Hartz-IV-Gesetz.

Überraschend versöhnlich hat Arbeitgeber-Präsident Dieter Hundt am Mittwoch in Berlin die "bemerkenswert positive Tarifrunde" 2004 gelobt und die "vielfach konstruktive Mitwirkung der Gewerkschaften" in den Betrieben gewürdigt. Zugleich plädierte er für eine "neue Balance" in der Tarifpolitik - und für eine weitere Lockerung des Kündigungsschutzes. Die letzte Forderung wies Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement umgehend zurück. Dennoch, Hundt war guter Dinge. Der Trend hin zu mehr betrieblichen Gestaltungsmöglichkeiten und Öffnungsklauseln sei eindeutig. Auch die Lohnabschlüsse seien in diesem Jahr "vertretbar" gewesen. Und wenn es tatsächlich zu einer neuen Tarifkultur komme, die sich von bisher praktizierten "Einheitslösungen" verabschiede, sei das eine begrüßenswerte Entwicklung, die sich positiv auf die Konjunktur auswirken könne. Clement sagte derweil, für die Behauptung, eine Lockerung des Kündigungsschutzes schaffe Arbeitsplätze, gebe es "weltweit keine Erkenntnisse". Die Kündigungsschutz-Diskussion sei ideologisch aufgeladen. Meist werde nicht berücksichtigt, dass der Kündigungsschutz für Kleinbetriebe bereits gelockert sei und zudem befristete Arbeitsverhältnisse möglich seien. Er habe keine Lust, "immer die gleiche Diskussion zu führen". Keinen Verbesserungsbedarf sieht der Wirtschaftsminister auch beim Hartz-IV-Gesetz. Clement wiederholte seine bekannte Litanei: "Es wird niemand verarmen, niemand wird abstürzen, sondern die Menschen werden besser vermittelt". Insbesondere die bisherigen Sozialhilfeempfänger würden "alle besser gestellt". Schwarzmalerei sei überhaupt nicht angebracht. Clement versprach, die Verunsicherung in der Bevölkerung bezüglich Hartz IV abzubauen. Neben einer Monitoring-Gruppe zur Beobachtung und Bewertung der Umsetzung des Gesetzes werde er einen "Rat" einsetzen, der konkret auf die Beschwerden der Bürger eingehen und mögliche Fehlentwicklungen melden oder abstellen solle. Zuvor hatte schon Arbeitgeberpräsident Hundt davor gewarnt, "täglich eine neue Sau durchs Dorf zu treiben". Ständig neue Vorschlägen zur Arbeitszeitverlängerung, Streichung von Feiertagen und Urlaubswochen provozierten bloß Widerstände und Ängste. Die Arbeitgeber wollten keine starren Wochenarbeitszeiten, sondern flexible Regelungen mit Arbeitszeitkonten. Eins sei klar: Wenn Deutschland seinen Wohlstand und die soziale Sicherung behalten wolle, "müssen wir alle mehr leisten und auch länger arbeiten".

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