DREI FRAGEN AN...

... Bernd Baumgarten, Geschäftsführer des Diakonischen Werks in Trier, das sich seit Jahren mit dem Thema Armut beschäftigt. Wie wirkt sich das Urteil des Bundessozialgerichts für Hartz-IV-Empfänger aus?

Baumgarten: Das ist ein großer Sieg für die Bezieher von Arbeitslosengeld II. Es verbessert ihre Situation erheblich. Endlich gibt es Rechtssicherheit in der leidigen Diskussion um Wohnraum! Dass die Argen bisher bundeseinheitliche Wohngeldtabellen genutzt haben, ist ein Unding - in München ist die Situation doch völlig anders als in Dudeldorf in der Eifel! Zu verlangen, dass Eigentumswohnungen verkauft werden, für die der Besitzer jahrelang gearbeitet hat, war unsozial - nun ist geklärt, dass das nicht geht. Und die Richter haben klar gemacht, dass es nicht sein darf, dass Familien aus guten Vierteln nach Trier-West ziehen müssen, weil da die Mieten billiger sind. Sie haben oft die Bedingungen kritisiert, unter denen Hartz-IV-Empfänger leben müssen. Halten Sie sie nun für zumutbar?Baumgarten: Das Leben mit Arbeitslosengeld II ist knallhart. Ich höre oft von Leuten, denen die zehn Euro Praxisgebühr für einen Arztbesuch fehlen. Viele Arbeitslosengeld-II-Empfänger finden sich bei der Tafel wieder. Zur Schuldnerberatung kommen Leute, die gut verdient haben. Nach einem Jahr ohne Job rutschen sie ins Arbeitslosengeld II - und die Finanzierung des Hauses ist geplatzt. Was müsste denn geschehen, damit sich die Situation der Betroffenen verbessert?Baumgarten: Wir brauchen eine vernünftige Arbeitsmarktpolitik. Wenn ich höre, Arbeitslosengeld-II-Empfänger wären eine faule Bande, kann ich nur sagen: Die meisten von ihnen haben lange gearbeitet und würden es sofort wieder tun, wenn es Jobs für sie gäbe. Ein Teil von ihnen braucht subventionierte Stellen - so könnten auch viele Ältere oder weniger Leistungsfähige ihren eigenen Lebensunterhalt wieder selbst verdienen.Inge Kreutz

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