Das Ende droht

BERLIN. Die Schlagzeilen sind verheerend: "Laurenz Nimmersatt" schreibt der "Spiegel", "Meyer vor dem Sturz?" fragt die "Bild am Sonntag". Die Gazetten sind voll vom Reizthema des Tages, das sogar das Scheitern der Föderalismusreform in den Schatten gestellt hat.

So gibt es einerseits einen grellen Kontrast zwischen politischer Wirklichkeit (sparen an allen Ecken und Enden) und privater Realität (raffen, wo es nur geht). Und es liegt an Laurenz Meyer selbst: Der CDU-General, seit vier Jahren getreuer Mann an Angela Merkels beruflicher Seite, hat sich als Freund markiger Worte einen Namen gemacht - die jetzt als Bumerang wiederkommen. Meyer (56) steht mit demRücken zur Wand. Begonnen hatte die Affäre schon vor dem Bundesparteitag in Düsseldorf. Da wurde durch eine Indiskretion bekannt, dass der Chef des Arbeitnehmerflügels CDA, Hermann-Josef Arentz, seit Jahren vom NRW-Energie-Giganten RWE rund 60 000 Euro plus Gratis-Strom kassiert - ohne jede Gegenleistung. Am 5. Dezember kommentierte Meyer diesen Skandal, merklich zurückhaltend: "Hier handelt es sich nicht um Rechtskategorien, hier geht es um moralische Kategorien". Und die müsse jeder für sich selber klären. Genau das wird jetzt vom CDU-General verlangt. Doch der hat sich eingeigelt, will nicht mehr reden, soll angeblich auch nicht mehr reden dürfen: Nach Informationen der "Bild am Sonntag" hat die Parteivorsitzende Merkel ihrem engsten Zuarbeiter einen Maulkorb verpasst. Dessen genauen Sitz soll der neue Vize-Fraktionsvorsitzende Ronald Pofalla überwachen."Frauenflüsterer" in Erklärungsnot

Als Meyer selbst ins Kreuzfeuer geriet (am 10. Dezember), weil er ebenfalls von RWE verbilligten Strom erhalten hat, glaubte er, den Schaden noch begrenzen zu können. Er habe den geldwerten Vorteil ja versteuert, alles sei in Ordnung. "Ich habe keine Sonderbedingungen", fügte er mit Hinweis auf seinen "ruhenden Vertrag" hinzu (Meyer war seit 1975 beschäftigt bei VEW, die von RWE übernommen wurde). Das war eine mutige Aussage, denn schon einen Tag später musste er einräumen, von RWE auch einen Kredit erhalten zu haben. Schließlich gestand er noch "irgendeine Ausschüttung" ein. Als die Süddeutsche Zeitung am 16. Dezember enthüllte, Meyer habe auch nach seinem Wechsel vom NRW-Landtag in die Berliner CDU-Zentrale Gehalt von RWE kassiert, stieg mit der öffentlichen Empörung die Wut der Parteivorsitzenden. Denn noch am Montag hatte Meyer im CDU-Präsidium den Sachverhalt erläutert, was "gemeinhin akzeptiert" (Merkel) worden sei. Offenbar hat er aber nur die halbe Wahrheit gesagt. Dann ging es Schlag auf Schlag: Am Donnerstag Abend entmachtete Merkel ihren angeschlagenen General bei einem Treffen im Berliner Weinlokal "Piccolo" und stellte ihm Pofalla als Aufpasser zur Seite. Merkel war sauer, weil sie sich von Meyer getäuscht sah. Am Freitag stellte sich der bedrängte General der Bildzeitung einem "Verhör", in dem er Zahlungen von 60 000 Euro einräumte und beteuerte, er habe sich "nichts vorwerfen zu lassen". Am Samstag dann die Vorabmeldung des "Spiegel", wonach Meyer "wahrscheinlich doppelt und dreifach" kassiert hat: Anfang des Jahres 2001 seien Diäten als NRW-Landtagsabgeordneter geflossen (bis Dezember 2002), Meyers Manager-Honorar von RWE (bis April 2001) und sein Gehalt als Generalsekretär der CDU. Seit Oktober 2002 sitzt Meyer zudem im Bundestag (Diäten und steuerfreie Pauschale). Da kann man schon mal in Erklärungsnot kommen, wenn man gleichzeitig die Reformen des Bundeskanzlers nicht für ausreichend hält und lautstark Lohnzurückhaltung fordert. Nach Informationen unseres Berliner Büros wird in der Parteispitze schon über die Nachfolge-Regelung gesprochen. Sollten die "Spiegel"-Informationen zutreffen, wäre Meyer nicht mehr zu halten, hieß es am Sonntag. Dann müsste auch die Berliner Society ohne den General mit dem Spitznamen "Frauenflüsterer" auskommen: Laurenz Meyer, auch sonst kein Kind von Traurigkeit, fehlt auf kaum einer Fete in der Hauptstadt.

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