Das Recht auf Pferdeschwanz

Leipzig/Koblenz. (dpa) Uniformierte Polizisten dürfen nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts lange Haare tragen. Deutlich über den Hemdkragen reichende Haare könnten nicht mehr generell als unseriös oder extravagant angesehen werden, entschied das Gericht am Donnerstag in Leipzig. Vielmehr komme es auf die Gestaltung an.

Ein ministerieller Erlass, der kurze Haare vorschreibe, sei mit dem grundrechtlich geschützten Persönlichkeitsrecht der Beamten nicht vereinbar, entschied das Gericht. Es gab einem Polizisten Recht, der zuvor erfolglos am Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz in Koblenz geklagt hatte (Az: BVerwG 2 C 3.05).Neue Freiheit über dem Hemdkragen

Der Kläger hatte seine Haare zu einem schulterlangen Pferdeschwanz gebunden. Das Polizeipräsidium Rheinpfalz in Ludwigshafen forderte den Mann auf, die Haare zu kürzen. Es berief sich auf eine Vorgabe aus dem rheinland-pfälzischen Innenministerium, wonach deutlich über den Hemdkragen reichende Haare bei uniformierten Polizisten nicht erlaubt seien. Das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße lehnte die Klage des Polizisten ebenso ab wie das OVG. Das OVG erklärte damals, die Polizei könne ihre Aufgaben nur erfüllen, wenn sie in der Bevölkerung Ansehen genieße und die Bürger ihnen Vertrauen und Achtung entgegenbrächten. Eine Vor-aussetzung hierfür sei das korrekte Erscheinungsbild der Beamten."Erkennbarer Wandel der Anschauungen"

Dem folgte das Bundesverwaltungsgericht nicht. Es sei nicht festzustellen, dass es wegen der langen Haare zu Konflikten oder Behinderungen bei der Dienstausübung gekommen sei. Hinsichtlich langer Haare bei Männern gebe es in der Bevölkerung einen "erkennbaren Wandel der Anschauungen", dem sich der Dienstherr nicht verschließen dürfe. "Mit der Haartracht werden nicht mehr in gleicher Weise wie früher bestimmte gesellschaftliche Vorstellungen oder nonkonformistische Haltungen verbunden." Das Urteil passt nicht zu einem Erlass des Bundesinnenministeriums, wonach es zur Fußball-Weltmeisterschaft Drei-Tage-Bart, "Lagerfeld-Zopf" und Ohrstecker für Polizisten eigentlich nicht mehr geben soll - zumindest für Angehörige der Bundespolizei (früher BGS). Das Ministerium hatte den Erlass mit detaillierten Vorschriften für das adrette Auftreten der 30 000 Bundespolizisten entworfen. "Wir wünschen uns ein einheitliches Erscheinungsbild der Bundespolizei", bestätigte eine Sprecherin. Drei-Tage-Bart, Zöpfe und sonstige Haartrachten, die "als Ausdruck einer ausgeprägt individualistischen Haltung wahrgenommen werden", sind danach untersagt. Verboten seien ferner sichtbare Tätowierungen sowie mehr als eine Halskette, ein Armband und ein "Freundschaftsband" pro Polizist. Ohrschmuck dürften nur Polizistinnen tragen.

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