Das Tor geht auf

TRIER/LUXEMBURG. Das Bosman-Urteil im Dezember 1995 war die erste Revolution im europäischen Sportrecht. Nun gab der Europäische Gerichtshof (EuGH) dem russische Profifußballer Igor Simutenkov recht. Er hatte gegen seine Einstufung als Nicht-EU-Spieler geklagt.

Der slowakische Handballer Maros Kolpak hatte sich im Mai 2003 seine Spielberechtigung als gleichgestellter EU-Profisportler aufgrund des im Assoziierungsabkommens enthaltenen Diskriminierungsverbots zwischen der Slowakei (seit 1. Mai 2004 EU-Mitglied) und der EU erstritten. Auf dieses Urteil können sich bereits Profisportler aus Ländern berufen, die mit der EU ein Assoziierungsabkommen haben. Der direkt vom Kolpak-Urteil betroffene Deutsche Handball-Bund (DHB) hatte daraufhin seine Ausländerklausel für EU-assoziierte ProfiHandballer aufgehoben. Der russische Profifußballer Igor Simutenkov, von 2000 bis 2002 beim spanischen Klub Deportivo Teneriffa, besaß einen Profivertrag, eine spanische Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung sowie eine spanische Verbandslizenz. Er machte geltend, dass er aufgrund des im Partnerschaftsabkommen zwischen EU und Russland enthaltenen Diskriminierungsverbots genau wie ein EU-Profisportler behandelt werden müsse und somit die Ausländerklausel für ihn nicht zutreffen dürfe. Unter Hinweis auf dieses Abkommen hatte Simutenkov gegen eine Regelung des spanischen Fußballverbandes geklagt, wonach Spieler aus Nicht-EU-Ländern nur begrenzt aufgestellt werden dürfen. Die Richter am EuGH stellten nun fest, dass Simutenkov den Status eines EU-Berufssportlers hat. Die EU hat rund 50 bilaterale Verträge sowie zahlreiche multilaterale Abkommen mit Drittstaaten (wie das Cotonou-Abkommen mit 77 Staaten aus Afrika, Karibik und Pazifik). Wenn diese Abkommen ein gleich lautendes Diskriminierungsverbot wie im Partnerschaftsabkommen Russland enthalten, dann sind alle Profisportler aus diesen Ländern beim Vorlegen bestimmter Papiere (Profivertrag, Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis, Spielerlizenz) von der EU-Ausländerregel ausgenommen. "Wir sehen keinen Grund, unsere Statuten zu ändern", erklärte der Sprecher der Deutschen Fußball Liga (DFL), Tom Bender. Er hält auch Bedenken, dass nun Spieler, beispielsweise aus Afrika, in unbegrenzter Zahl von Bundesligavereinen unter Vertrag genommen werden, für unbegründet. Auch der Justiziar der Spielergewerkschaft VdV, Frank Rybak, meint: "Für die DFL ändert sich nichts." "Das Urteil überrascht mich nicht. Ich habe nie verstanden, warum ein Spieler aus England anders behandelt wurde als aus der Schweiz", begrüßte der Vizepräsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), Wolfgang Holzhäuser, die Entscheidung. Der Manager des SC Freiburg, Andreas Bornemann, hält Ausländerregeln grundsätzlich für fragwürdig: "Zumal der Nachweis nicht erbracht ist, dass deutsche Spieler in ihrer Entwicklung gebremst werden, wenn ausländische auflaufen dürfen." Geschäftsführer Christoph Niessen vom Sportbund Rheinland hat den Simutenkov-Fall nicht verfolgt. Niessen sagt aber: "Jeder Sport-Fachverband ringt mit irgendwelchen Regeln, bis jemand dagegen klagt." Seiner Meinung nach ist die Verrechtlichung des Sporttreibens, teilweise bis in die Regionalligen, eine Geißel für den Sport.

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