Das ökologische Gewissen der Vereinten Nationen

Berlin. Uno-Umweltkommissar Klaus Töpfer wird morgen 65 Jahre alt. Ans Aufhören denkt der ehemalige rheinland-pfälzische Umweltminister ("Katastrophen-Klaus") noch lange nicht.

Schon in zarten Kindertagen begann das unstete Leben des Bergmanns-Sprosses Klaus Töpfer. Als er sieben Jahre zählte, war es zwar mit dem Nazi-Terror vorbei, aber auch mit dem Leben in der schlesischen Heimat Waldenburg. Es begann eine Odyssee, die den Vertriebenen erst nach Höxter in Westfalen, dann quer durch Deutschland und schließlich über den ganzen Erdball führte. An morgigen Dienstag wird Töpfer, als Spitzendiplomat der Vereinten Nationen einer der wenigen deutschen "Weltstars" in der Politik, 65 Jahre alt. Ans Rentner-Dasein denkt er aber noch lange nicht. Töpfer machte gleich doppelt Karriere: erst in der Wissenschaft (promovierter Diplom-Volkswirt und Professor in Münster, Hagen, Bielefeld, Speyer, Hannover und Mainz), dann in der Politik (Staatssekretär, CDU-Präsidiumsmitglied, Minister). Als Experte für Raumforschung und Landesplanung war er Anfang der 70er Jahre nach Saarbrücken gekommen, wo er Planungschef der Staatskanzlei wurde. Schon damals zog es den Unsesshaften in die weite Welt: In Ägypten, Malawi, Brasilien und Jordanien erstellte er entwicklungspolitische Gutachten. Bekannt wurde Töpfer als Umweltminister in Rheinland-Pfalz, wo er als "Katastrophen-Klaus" die Phantasie der Journalisten beflügelte: Wo immer eine Fischseuche, ein Waldsterben oder ein Weinskandal im Anflug war - Töpfer war zur Stelle. Als Bundeskanzler Helmut Kohl ihn 1987 zum Bundesumweltminister machte, hatten die Medien einen neuen Liebling: Töpfers ökologische Kompetenz und sein freundlich-kumpelhaftes Naturell kamen an. Politisch nutzte ihm seine Popularität indes wenig: Der eifersüchtige Kohl hielt den Parteifreund klein, wo immer es ging. Töpfers Ideen zur Rettung der Umwelt (Abfall-Abgabe, Kreislaufwirtschaft, FCKW-Verbot, Dioxin-Reduzierung, Verpackungsverordnung, nachhaltige Entwicklung) stießen auf mäßige Begeisterung. Der Kanzler genierte sich auch nicht, Töpfers größten Erfolg, die Verhandlungen beim Umweltgipfel 1992 in Rio de Janeiro, nachhaltig als den eigenen zu verkaufen. Keine Scheu vor unpopulären Forderungen

Auch sonst war Kohl nicht zimperlich: Obwohl sich Töpfer internationales Renommee erworben hatte und einer der wenigen wirklichen Experten im Kabinett war, machte der Kanzler 1994 die ökologisch unbeleckte Angela Merkel zur Umweltministerin. Töpfer musste ins Bauressort ausweichen und nebenher den Umzug der Regierung nach Berlin organisieren. Auch diesen Job hat der Kosmopolit mit Bravour erledigt. Doch dass er sich schwer tat, sobald es "politisch" wurde und die fachliche Ebene eine eher untergeordnete Rolle spielte, zeigte sein Engagement als CDU-Chef an der Saar, wo er sich in den 90er Jahren im sinnlosen Kampf gegen Volkstribun Oskar Lafontaine aufrieb und scheiterte. Da tat es gut, als UNO-Generalsekretär Kofi Annan einen neuen Chef für das Umweltprogramm der Vereinten Nationen suchte und in Deutschland fündig wurde. Seitdem hetzt Töpfer (Büros in Nairobi und New York) als ökologisches Gewissen der Welt um den Globus, als Mahner, Warner und Vordenker, der im Interesse des blauen Planeten auch unpopuläre Forderungen nicht scheut ("Fliegen muss teurer werden"). Trotz der anstrengenden Reisen fühlt sich Töpfer, der sich vor drei Jahren einer Herzoperation unterziehen musste, fit. Und weil er noch vergleichsweise jung ist und über ein bemerkenswertes Profil verfügt, wird er immer öfter als möglicher Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten ins Spiel gebracht. Leicht geschmeichelt gibt er zwar zu, dass es "ehrenvoll ist, genannt zu werden", doch an den Spekulationen will er sich nicht beteiligen. Ohnehin interessiert ihn gegenwärtig etwas ganz anderes: An seinem Geburtstag erfüllt er sich einen nostalgischen Traum und fährt samt Familie zum Ort, wo alles anfing. In Waldenburg will er Ehefrau Mechthild und den drei Kindern zeigen, wie schön die alte Heimat ist.

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