Datenwust statt Transparenz

TRIER. Eine Antwort auf die Frage, wie viele Menschen in Rheinland-Pfalz in welcher Verwaltung zu welchem Zweck arbeiten, ist unter einem schier endlosen Datenwust begraben. Die mangelnde Transparenz erschwert auch die Kontrolle durch die Bürger und die Verbesserung der Effizienz von Behörden.

 Überbordende Bürokratie: Angesichts der Kosten droht vielen Gebietskörperschaften ein Absturz. Aufräumen lautet das Gebot der Stunde - doch wo kann man ansetzen? Der TV gibt im Rahmen seiner neuen Serie "Baustelle Bürokratie" Denkanstöße.Foto: Klaus Kimmling

Überbordende Bürokratie: Angesichts der Kosten droht vielen Gebietskörperschaften ein Absturz. Aufräumen lautet das Gebot der Stunde - doch wo kann man ansetzen? Der TV gibt im Rahmen seiner neuen Serie "Baustelle Bürokratie" Denkanstöße.Foto: Klaus Kimmling

Wer von rheinland-pfälzischen Kommunen Auskünfte über ihren Personalstand haben will, braucht einen langen Atem. Die schicken Homepages im Internet verraten zwar, wie viel Kilometer Bundesstraßen den Landkreis durchziehen oder wie viele Laternen die städtischen Alleen zieren, aber die durchaus naheliegende Auskunft, wie viele Mitarbeiter sich um das Wohl der Bürger kümmern, wird dem interessierten Seiten-Besucher vorenthalten. Selbst auf offizielle Presse-Anfrage reagierte gut die Hälfte der angesprochenen Kreise, Städte und Verbandsgemeinden erst nach Mahnung - und einige gar nicht. Verwaltungen reden offenkundig nicht gern über ihre Personalstärke. Und wenn sie es tun, dann mit einer Unzahl von Einschränkungen und Anmerkungen. Glaubt man den Kommunalbehörden, dann sind ihre Leistungen völlig unvergleichbar mit denen ihrer Nachbarbehörde. "Die anderen haben Personal outgesourct, wir nicht", beteuert ein Bürgermeister, ein anderer führt die Schulhausmeister an, der dritte die Kindergartensituation. Man ist sichtlich nervös, immer wieder fällt der Begriff von den Äpfeln und Birnen, die nicht verglichen werden dürften. Nun sind in der Tat die Verhältnisse manchmal recht unterschiedlich. Es gibt Kreise, die eigene Schwimmbäder betreiben, Städte, die kommunale Krankenhäuser unterhalten, Verbandsgemeinden, die neben den eigenen Anwohnern noch Tausende fremder Soldaten mitbetreuen müssen. Aber an einem umfassenden Benchmarking (der in Privatunternehmen übliche systematische Konkurrenzvergleich), das es dem Bürger erlauben würde, die Effizienz seiner Verwaltung zu überprüfen, besteht dem Anschein nach auch wenig Interesse. Die Kommunale Gemeinschaftsstelle KGST hat immerhin einen Richtwert ermittelt, nachdem eine effektive Verbandsgemeinde für die reinen Verwaltungsleistungen 2,3 Mitarbeiterstellen pro Tausend Einwohner nicht überschreiten solle. Aber angesichts der Rechenkünste der Verwaltungschefs und der Dehnbarkeit des Begriffs "reine Verwaltungsleistungen" bleibt auch diese Marke eher eine Glaubensfrage. So kann sich jeder darauf berufen, dass er optimal arbeitet - das Gegenteil ist kaum zu beweisen. Selbst wenn, wie in Wittlich und Bitburg, zwei separate Verwaltungen am gleichen Ort benötigt werden, wo das vergleichbar große Konz mit einer auskommt. 15 Fälle dieser Art gibt es in Rheinland-Pfalz: Da fragt selbst der Städte- und Gemeindebund, "wie lange wir uns das noch leisten können und wollen".Putzige Landkreise und Zwerg-Verbandsgemeinden

Die gleiche Frage könnte man bei kreisfreien "Kleinstädten" mit 40 000, putzigen Landkreisen mit 64 000 oder Zwerg-Verbandsgemeinden mit 6000 Bürgern stellen. Andernorts bekommt eine einzige Verwaltungseinheit die dreifache Einwohnerzahl in den Griff, ohne dabei die Bürgernähe aufs Spiel zu setzen. Der Teufel steckt freilich oft im Detail, und einfache Antworten sind nicht immer zielführend. Bei ihnen sei ohnehin nicht viel einzusparen, sagen betroffene Landräte und Bürgermeister und verweisen auf die undurchsichtige Bürokratie der Landesverwaltungen, wo nach ihrer Meinung weit größere, ungeahnte Einsparpotenziale schlummern. Sie berichten von Zuschuss- oder Genehmigungsanträgen, die einen endlosen Weg über SGD, ADD, allerlei Sonderbehörden bis hin zur Ministerialbürokratie nähmen, dabei Hundertschaften von Sachbearbeitern, Kontrolleuren und entsprechenden Vorgesetzten beschäftigten, ohne dass ein Hauch von Sinn erkennbar werde. Ihre These: Der ganze Verwaltungs-Moloch sei eigentlich nur der unbeugsamen Zentralisierungs- und Kontrollwut der Landespolitik geschuldet. Woran liegt es wirklich? Unsere Serie "Baustelle Bürokratie" wird in den nächsten vier Wochen die Ausgangssituation analysieren, mit Politikern und Wissenschaftlern reden, einen Blick über den Tellerrand quer durch Deutschland und in die Nachbarstaaten werfen und dann an praktischen Beispielen aus der Region untersuchen, was an Verwaltungs- und Gebietsreformen möglich wäre.Am Montag in "Baustelle Bürokratie": 70 Millionen Euro bei rheinland-pfälzischen Verwaltungen einsparen - für den Bund der Steuerzahler kein Problem.

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