Der Fluch der vermeintlich guten Tat

TRIER. Erst sah es aus wie ein Fall fürs Guinness-Buch der Rekorde, doch nun ist es ein Fall für die Justiz: Die Staatsanwaltschaft befasst sich mit den 5300 Überstunden, die der Ex-Stadtkämmerei-Chef Edgar Meyer angehäuft hat und dafür als Ausgleich 50 000 Euro erhielt.

5300 Stunden – das ist für manchen Arbeitnehmer die tarifliche Arbeitszeit von drei Jahren. Bei Edgar Meyer verhielt es sich ganz anders. Als er im Juli 2004 in Ruhestand ging, standen bei ihm 5300 Überstunden zu Buche. Angehäuft seit 1990, als er die Leitung des Finanzcontrollings im Trierer Rathaus übernommen hatte. Abfeiern war für den frisch gebackenen Pensionär nicht mehr möglich. OB Schröer versüßte ihm den Abschied vom Rathaus mit 50 000 Euro aus der Stadtkasse; in diesem Jahr sollte eine weitere Überweisung in gleicher Höhe folgen. Möglicherweise wäre alles geräuschlos vonstatten gegangen, hätte nicht der SPD-Fraktionschef im Stadtrat, Friedel Jaeger, davon erfahren und sich und seine Ratskollegen übergangen und brüskiert gefühlt: Ein starkes Stück und indiskutabel nannte Jaeger das "gutsherrliche Gebaren" des Stadtoberhaupts und schaltete die ADD ein, die Schröer dann auch die gelbe Karte zeigte. Die kommunalaufsichtliche Prüfung hatte ergeben, dass die Geldleistung nicht im Einklang mit dem Beamtenrecht steht. Schröer musste auf ADD-Geheiß den Rat offiziell informieren und durfte keine weitere Zahlung an Meyer leisten. Während Jaeger "mit Spannung" der von der ADD ebenfalls geforderten Bewertung durch das Stadt-Rechtsamt harrt, verschafft das von der Staatsanwaltschaft eingeleitete Ermittlungsverfahren den Schröer-Kritikern wieder unverhofftes Oberwasser. Jaeger: "Das hat sich der OB selbst zuzuschreiben. Er hat alle Bedenken leichtfertig in den Wind geschlagen. Dabei bedarf es keiner tiefgehenden juristischen Kenntnisse um zu wissen, dass er ohne jede rechtliche Grundlage gehandelt hat." Genau das aber bestreitet Schröer: "Ich habe in keiner Weise gewusst, mit der Auszahlung eines Überstunden-Entgelts gegen beamtenrechtliche Bestimmungen verstoßen zu haben." Seinen Ex-Finanzfachmann nimmt er in Schutz und verteidigt das eigene Vorgehen erneut. Meyer habe aufgrund seines außerordentlichen Engagements und seiner Verdienste eine Ausnahme dargestellt. Für Ausnahmefälle sieht das Beamtenrecht durchaus die Möglichkeit einer finanziellen Mehrarbeitsvergütung vor, wenn der Dienst "zur Herbeiführung eines im öffentlichen Interesse liegenden unaufschiebbaren und termingebundenen Ereignisses" liegt. Damit meinte der Gesetzgeber aber Feuerwehr- und Polizeibeamte, nach Auffassung von ADD und nun auch der Staatsanwaltschaft aber nicht den unermüdlichen Finanzstrategen, der dem Stadtsäckel Einsparungen und Verbesserungen in Multimillionen gebracht habe. Schröer bleibt dabei: "Die vereinbarte Überstundenzahlung erfolgte nach bestem Wissen und Gewissen." CDU-Fraktionsvize Thomas Albrecht, von Beruf Staatsanwalt, hatte im Stadtrat das Vorgehen seines Parteifreunds Schröer noch gut geheißen. Nun mag er sich – mit Hinweis auf das schwebende Verfahren – nicht mehr dazu äußern. Anders die Grünen: "Wenn sich der Verdacht der Untreue bestätigen sollte, muss OB Schröer Konsequenzen ziehen", so ihr Ratsmitglied Sigrun Friederike Priemer.

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