Der Gipfelglanz verblasst bereits

Um die Welt geht derzeit vor allem ein Bild: das vom zwölf Kilometer langen Zaun rund um Heiligendamm. Die Mächtigen schirmen sich bei ihrem G8-Gipfeltreffen kommende Woche ab wie nie zuvor.

Berlin. (has) Dem Vernehmen nach sind Kanzlerin Angela Merkel und Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) bereits unzufrieden damit, dass die massiven Sicherheitsvorkehrungen die Schlagzeilen so negativ beherrschen und das Treffen überlagern. Für neue Aufregung bis ins Kanzleramt sorgte jetzt der Vorwurf, die Bundesregierung sperre kritische Journalisten vom Gipfel aus.

Wenige Tage vor Beginn der G8-Runde ist die Frage der Sicherheit in aller Munde: 100 000 Demonstranten werden erwartet. Ihnen stehen 16 000 Polizisten vor und hinter dem schon weltberühmten Zaun gegenüber. Dass das Oberverwaltungsgericht Greifswald ein weiträumiges Demonstrationsverbot rund um Heiligendamm bestätigte, traf gestern in Berlin bei der zweitägigen Konferenz der Innenminister auf Genugtuung. Trotzdem: Auch bei den Verantwortlichen wachsen die Zweifel, ob der immense Aufwand noch zu rechtfertigen ist. Nach Angaben von Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) sind die Bundesländer mit ihrer Polizei-Unterstützung für Mecklenburg-Vorpommern "an die Grenze dessen, was verantwortbar ist für die eigene Sicherheit" gestoßen. Am Rande der Konferenz hieß es, die gesamte Debatte sei fast schon hysterisch.

Die Diskussionen um den ex tremen Polizeieinsatz, um Schnüffelproben, geöffnete Post oder verdeckte Zugbegleiter hat die Deutschen nicht unbeeindruckt gelassen: Fast die Hälfte der Bundesbürger hält die Sicherheitsvorkehrungen inzwischen für übertrieben.

Der erhoffte Gipfelglanz scheint sich für Kanzlerin Merkel daher immer weniger einstellen zu wollen. Nach dem Treffen, so Koalitionäre, müsse dringend über "Sinn und Unsinn" des Spektakels und die Konsequenzen gesprochen werden. Rund 120 Millionen Euro kostet das Ereignis den Steuerzahler.

Zur Sprache kommen wird dann auch das Verfahren, wie Journalisten zu solchen Großveranstaltungen zugelassen werden. Das Bundespresseamt musste sich gestern des Vorwurfs erwehren, es betreibe Zensur, weil rund 20 Journalisten von der Berichterstattung vor Ort ausgeschlossen worden waren. Regierungssprecher Ulrich Wilhelm betonte, sein Amt folge bei der Zulassung oder Nicht-Zulassung stets einer Empfehlung des Bundeskriminalamts, das ohne inhaltliche Begründung Ja oder Nein sage.

Insgesamt reisen 4500 Medienvertreter nach Heiligendamm.

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