Der Hahnsinn findet kein Ende

Mainz/Hahn · CDU fordert Aus für Lewentz. Doch Regierungschefin Dreyer stützt ihn.

Mainz/Hahn Als Julia Klöckner am Freitag in der Sondersitzung des Mainzer Landtags vor das Mikrofon tritt, dauert es keine Minute, bis sich die Miene von Innenminister Roger Lewentz (SPD) verfinstert, der Mund sich zu einem dünnen Strich zusammenzieht. "Dieser Minister ist nicht die Lösung des Problems, sondern er ist das Problem", sagt die CDU-Landeschefin über die Kritik des Rechnungshof-Gutachtens zum verpatzten Verkauf des Flughafens Hahn im Sommer 2016. Klöckner fordert Regierungschefin Malu Dreyer auf, den Minister zu entlassen. "Es ist beschämend, dass er Fehler nur auf die Wirtschaftsberater abwälzt."
Auch AfD-Landeschef Uwe Junge erhöht den Druck auf das Land: Die Ministerpräsidentin habe sich blind auf ihren Minister und der sich wiederum blind auf die Wirtschaftsberater verlassen, als es um die Prüfung des chinesischen Bieters SYT ging, sagt Junge. "Nach meinem Geschmack sind das ein paar Blinde zu viel."
Harte Worte, die an Malu Dreyer abperlen. Die Ministerpräsidentin steht fest zu Lewentz, trotz des Rechnungshof-Gutachtens, das dem Innenministerium vorwirft, sich zu stark auf Berater verlassen zu haben. Der Minister habe Fehler aufgearbeitet, das Verfahren neu aufgesetzt und dieses mit dem Verkauf an die HNA erfolgreich abgeschlossen, meint Dreyer. "Deswegen sage ich, ganz klar, dass Roger Lewentz mein Innenminister bleibt."
Als die Triererin diese Worte sagt, klatscht die Ampelkoalition - laut und einige Sekunden lang.
Auch Thomas Roth (FDP) und Daniel Köbler (Grüne) verteidigen die Landesregierung, was ihnen von der CDU den Vorwurf einbringt, die Fehler der SPD mitzumachen.
Deren Fraktionschef Alexander Schweitzer attackiert zugleich die Wirtschaftsberater. "Die KPMG ist auch nicht aus den gelben Seiten gewählt worden."
Tatsächlich offenbaren die Worte und das Gutachten, wie eisig es inzwischen um das Verhältnis zwischen dem Land und den einstigen Beratern bestellt sein muss, die der Rechnungshof auf 97 Seiten mit Pannenvorwürfen belastet. Wie die mit dem angeblichen früheren Job von SYT-Eigner Kyle Wang, der in einer ersten Version des Wirtschaftsplans ein Ex-Banker der Deutschen Bank gewesen sein soll. Die Deutsche Bank recherchierte für den Rechnungshof - und fand niemanden, der seit Dezember 2000 mit dem Namen für sie gearbeitet hat. Nicht zu vergessen die angebliche Bankbescheinigung von 200 Milliarden-US-Dollar, die ein Geldgeber der SYT über einen Edelsteinhändler via WhatsApp an die Wirtschaftsberater geschickt haben soll. Diese sollen die Nachricht ungeprüft und als "nicht verfahrensrelevant" zu den Akten gelegt haben. Dabei wäre der Chinese in dem Fall deutlich reicher gewesen als Microsoft-Gründer Bill Gates und US-Investor Warren Buffett, die zwei reichsten Männer der Welt.
An anderer Stelle tauchen Widersprüche zwischen Land und Beratern auf. Das Innenministerium habe etwa dem Rechnungshof mitgeteilt, dass die Beratungsgesellschaft telefonisch am 30. Mai 2016 über eine grüne Ampel in der Integritätsprüfung der SYT informiert habe. Die Berater selber bestreiten nach dem Bericht, dass ein solches Gespräch stattgefunden hat. Und sie dementieren auch, dem Innenministerium am 31. Mai mitgeteilt zu haben, dass dem Vertragsschluss mit der SYT keine Hindernisse entgegenstünden. Es sind Fragen, die in der kommenden Woche nochmal auf der Tagesordnung stehen dürften, wenn gleich drei Ausschüsse erneut zum Rechnungshof-Bericht tagen. Der Hahnsinn in Mainz, er findet kein Ende.

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