Der Höhepunkt der Protestwelle ist noch nicht erreicht

TRIER. (wie) Es braut sich etwas zusammen in der Ärzteschaft. Die Proteste gegen Honorareinbußen und beschränkte Arzneimittelverordnungen haben noch nicht ihren Höhepunkt erreicht. Beim Jahresempfang der Bezirksärztekammer wurden weitere Aktionen angekündigt.

Es waren nicht nur Nettigkeiten, die sich Malu Dreyer beim Jahresempfang der Trierer Ärzteschaft anhören durfte. Die rheinland-pfälzische Gesundheitsministerin bekam den Zorn der frustrierten Mediziner auf die Berliner Politik ungefiltert ab. Es werde in den nächsten Jahren sehr wohl einen Ärztemangel geben, widersprach Georg Martin, Vorsitzender der Versorgungseinrichtung der Ärzte in der Region, Aussagen aus Dreyers Ministerium. Die SPD-Politikerin nahm die Kritik mit Fassung. Schließlich ist Wahlkampf. Und da muss man sich an der Basis blicken lassen. Genau wie CDU-Spitzenkandidat Christoph Böhr, der in der ersten Reihe saß, und dem auch nicht so wohl war angesichts der geballten Kritik. Immerhin ist seine Partei in Berlin mitverantwortlich für den Frust der Ärzte. Ministerin Dreyer hatte den Vorteil, dass sie dem Zorn der Mediziner nicht alleine ausgesetzt war. Ihr Ehemann Klaus Jensen, ebenfalls auf Wahlkampfmission - er will Oberbürgermeister in Trier werden - saß ihr zur Seite. Auch sein CDU-Kontrahent Ulrich Holkenbrink hatte in der ersten Reihe Platz genommen. In Wahlkampfzeiten begibt man sich eben auch in die Höhle des Löwen. Es braut sich jedenfalls etwas zusammen unter den Ärzten. Die Massenproteste der vergangenen Woche in Berlin, Saarbrücken und München dürften noch nicht der Höhepunkt der Aktionen gewesen sein. Für Februar sind weitere Proteste angekündigt. Peter Schwerdtfeger, Vorsitzender der Bezirksärztekammer, sprach von Demotivation und Perspektivlosigkeit der Klinikärzte angesichts zunehmender Belastung und Bürokratisierung. So könne es nicht mehr weitergehen. Man müsse endlich den Mut haben, Leistungen zu kürzen. Ansonsten komme es zwangsläufig zu Rationierungen. Die Protestwelle könnte auch deswegen ungeahnte Ausmaße annehmen, weil die Honorareinbußen die Ärzteschaft in ungewöhnlicher Weise zusammengeschweißt haben. War beim gleichen Anlass im vergangenen Jahr noch von einer tiefen Kluft unter den Medizinern die Rede, so war dieses Mal von einer Solidarnosz der Ärzte die Rede. Die Honorare seien allein im Bereich der ehemaligen Kassenärztlichen Vereinigung Trier im Lauf des vergangenen Jahres um 3,7 Prozent zurückgegangen - und das bei 15 Prozent mehr Leistungen und fast sechs Prozent mehr Patienten. So könnten Ärzte nicht überleben, ein Praxissterben sei unausweichlich. Auszeichnung für TV-Aktion "Dasein"

Trotz der angespannten Lage verzichteten die Ärzte nicht auf die traditionellen Ehrungen. Der leitende TV-Redakteur Dieter Lintz erhielt die Simon-Reichwein-Plakette (der TV berichtete), mit der seit über zehn Jahren herausragende Leistungen im Bereich Gesundheit ausgezeichnet wird. Schwerdtfeger lobte das Engagement von Lintz zur Errichtung des Hospizhauses in Trier. Durch die von ihm initiierte Benefizaktion "Dasein" habe Lintz in beeindruckender Weise das Thema Sterben enttabuisiert und einer breiten Leserschaft näher gebracht. "Wer hätte zu Beginn der Aktion gedacht, dass das gesteckte Ziel mehr als erfüllt wird?", fragte Schwerdtfeger in seiner Laudatio. Über eine halbe Million Euro spendeten die TV-Leser damals für die Errichtung des Hospizhauses. Der Ärztepreis, mit dem an den ehemaligen Trierer Stadtarzt Simon Reichwein erinnert werden soll, ist nach dem Konrad-Adenauer-Lokaljournalistenpreis die zweite Auszeichnung für "Dasein". Der zweite Geehrte an diesem Abend war der Trierer Kinderchirurg Walther Heisse. Der 73-Jährige bekam die goldene Doktorurkunde als Auszeichnung für seine Promotion vor 50 Jahren. Heisse engagiert sich seit seinem Ruhestand vor allem in Ostafrika. Mehrmals im Jahr fliegt er zusammen mit seiner Frau dorthin, um den Massai zu helfen. Für Februar ist die nächste Reise geplant.

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