"Der Souverän hat entschieden"

TRIER. Lähmendes Entsetzen und neue Hoffnung: So kann man die unterschiedlichen Stimmungsbilder bei regionalen Wirtschaftsvertretern nach der Bundestagswahl beschreiben.

Die Steigerung der Wirtschaftskraft und die Schaffung neuer Arbeitsplätze waren zentrale Themen des Wahlkampfes. Um so enttäuschter ist man in Teilen der Wirtschaft über das Ergebnis der Bundestagswahl. "Das ist eine Katastrophe", sagt Hans-Hermann Kocks , Hauptgeschäftsführer der Trierer Handwerkskammer, die Unternehmer signalisierten pure Resignation. "Alle Hoffnungen auf eine stabile Regierung, die Reformen anpackt, sind zunichte", bedauert er. Stattdessen gebe es Optionen, "die keine sind". Eine Große Koalition hält der Handwerker-Chef für wenig aussichtsreich - "allein schon wegen der Hahnenkämpfe der zwei Spitzenkandidaten Merkel und Schröder". Kocks' Prognose: "Die SPD wird in einer Großen Koalition nach einem Jahr aussteigen und zu Rot-Rot-Grün überschwenken." Von anderen Farbspielen hält der Kammer-Chef wenig. "Es besteht die Notwendigkeit zu Kompromissen, was schwierig wird", sagt er. Völlig überrascht ist Hans Dieter Kaeswurm vom Ergebnis der Bundestagswahl. "Ich hätte mit einem klareren Ergebnis für eine Große Koalition gerechnet", sagt der Direktor der Trierer Arbeitsagentur. Dass sich die FDP mit ihrer "Zweitstimmenkampagne so durchschlägt", kommt für den Behördenchef unerwartet. Unabhängig von der Koalition ("alles ist vorstellbar") müsse sich seine Behörde an die Aufträge der neuen Regierung halten. Kaeswurm: "Wir sind aber schon jetzt sehr leistungsstark."Ein wenig leichter mit Farbspielen tut sich die Industrie- und Handelskammer. "Eine Koalition aus Union, FDP und den Grünen sollte am ehesten die notwendigen Reformen anpacken können", sagt ihr Präsident Wolfgang Natus . Die Grünen verfügten über "beachtlichen wirtschaftspolitischen Sachverstand", die FDP müsste im Interesse unseres Landes über ihren Schatten springen. Eine Große Koalition berge die Gefahr, Reformen "zu verwässern und halbherzig anzupacken". "Damit wäre Deutschland nicht geholfen", sagt Natus. Hauptgeschäftsführer Arne Rössel fügt hinzu: "Dass die CDU so abschmiert, damit habe ich nicht gerechnet."

Das Ergebnis für die Union kommt Karl-Heinz Päulgen vom Deutschen Gewerkschaftsbund, Region Trier, gerade Recht. "Es ist ein positives Zeichen, dass Schwarz-Gelb verhindert wurde - ein Zeichen, dass der Wähler keine Lockerung beim Kündigungsschutz oder die Aufhebung des Flächentarifvertrages wollte", sagt er. Dennoch: Ganz zufrieden ist auch er nicht. "Es gibt unter den großen Volksparteien keinen eindeutigen Sieger. Deshalb wäre eine Große Koalition auch keine Lösung", sagt Päulgen. Immerhin hofft er, dass alle Parteien - außer der Linkspartei - gesprächs- und kompromissbereit sind. Was da rauskommt? "Ich weiß es nicht. Das wäre Kaffeesatzleserei. Aber der Souverän hat entschieden."

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