Der härteste Sheriff der USA

Washington · Joe Arpaio ist eine Reizfigur in der amerikanischen Einwanderungsdebatte.

Washington Als er noch Sheriff war, stand auf einer Tafel in seinem Büro, dass es sich um den härtesten Sheriff Amerikas handelt.
Die Insassen des Gefängnisses, das Joe Arpaio unterstand, hatten rosa Unterwäsche zu tragen. In den Zelten auf dem Gelände des Knasts herrschte von Mai bis September brütende Hitze, bisweilen weit über 50 Grad Celsius. Wie zum Hohn ließ der Sheriff dazu den Wetterkanal laufen, Prognosen über angenehm kühle Sommertage in Kanada.
Jäteten die Häftlinge irgendwo am Straßenrand Unkraut oder lasen Müll auf, waren sie - jeweils zu viert - aneinandergekettet wie die Sklaven einer Galeere.
"I do it my way", schrieb Arpaio mit den Worten Frank Sinatras auf ein Brett in seinem Arbeitszimmer. Tent City, die berüchtigte Haftanstalt, gibt es seit ein paar Monaten nicht mehr. Arpaio wurde abgewählt, nach 24 Jahren auf dem Posten des Sheriffs von Maricopa County, ausgerechnet am 8. November, als Donald Trump das Präsidentschaftsvotum gewann. Nun steht er, 85 Jahre alt, erneut im Rampenlicht, die Symbolfigur, die Reizfigur einer Debatte über Pro und Contra einer restriktiveren Einwanderungspolitik.
Ein Richter hatte ihn, da war er noch in Amt und Würden, angewiesen, seine diskriminierenden Kontrollen einzustellen, Kontrollen, in deren Fokus vor allem Latinos gerieten. Wegen Missachtung des Gerichts drohen ihm bis zu sechs Monate Haft, wenn im Oktober über das Strafmaß entschieden wird. Amerikas Hardliner verlangen einen Gnadenerlass, und der Präsident scheint geneigt, ihnen den Wunsch zu erfüllen. Zumindest spielt Trump mit dem Gedanken, sei es auch nur, um seine Anhänger mangels substanzieller Erfolge mit einem symbolischen Akt zufrieden zu stellen. "Wurde Sheriff Joe dafür verurteilt, dass er seinen Job gemacht hat?", fragte er diese Woche, eher rhetorisch, während einer Kundgebung in Phoenix. "Wisst ihr was, ich wage mal eine Prognose. Ich glaube, es wird ihm gut gehen. Sheriff Joe darf sich gut fühlen."
Es ist neun Jahre her, da sammelte der frühere Drogenfahnder sechzig Freiwillige, um um zwei Uhr nachts im Rathaus der Kleinstadt Mesa eine Razzia zu starten, auf der Suche nach Menschen, die ohne gültige Papiere ins Land gekommen waren. Es endete mit der Festnahme dreier verstörter Putzfrauen. Später wies er seine Leute an, Autofahrer, die aussehen, als stammten sie aus Mexiko, El Salvador oder Guatemala, anzuhalten, um ihre Papiere zu überprüfen - auf den bloßen Verdacht hin, dass es sich um illegal Eingewanderte handeln könnte.
Ein solches "Racial Profiling" ist in den USA verboten, weshalb ein Bundesrichter in Phoenix gegen Arpaio entschied. Der wiederum sprach, statt sich dem Urteil zu fügen, von lächerlichem Unfug und machte ungerührt weiter.
Als Trump praktisch mit Beginn seines Wahlkampfes nach Arizona flog, um seiner Forderung nach dem Bau einer Mauer an der mexikanischen Grenze Nachdruck zu verleihen, wurde der alte Mann zur Galionsfigur seiner Kampagne. Sheriff Joe, der Patriot in der Wüste. "Ohne dich, Joe, hätte ich das nicht geschafft", bedankte sich Trump, nachdem er das Vorwahlduell der Republikaner in Arizona gewonnen hatte. Kein Wunder, dass sich heftiger Streit entzündet hat an der Causa Gnadenerlass. Die Bürgerrechtsliga ACLU sähe darin eine "präsidentielle Billigung des Rassismus": Sie sammelt Unterschriften für eine Petition ans Weiße Haus. Andererseits gibt es Verehrer Arpaios, die bereit sind, 3 979 Dollar zu zahlen, um mit ihrem Idol in die Normandie zu reisen und der Landung der Alliierten zu gedenken. Ursprünglich für Oktober geplant, soll der Trip, so sagt es Arpaio, auf die Tage nach Neujahr verschoben werden. Zumindest vorläufig.

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