Der kriegerische Missionar

Washington. Der Widerstand gegen seine Kriegspläne scheint George W. Bush kalt zu lassen. Diese Selbstsicherheit schöpft der US-Präsident Insidern zufolge vor allem aus seinem Glauben.

Es war eine Frage aus dem Publikum, gestellt während desPräsidentschaftswahlkampfs 1999. Wie er reagieren würde, wennSaddam Hussein Massen-Vernichtungswaffen bauen würde? "I willtake them out", antwortete George W. Bush - Ich werde siezerstören. An dieser Philosophie hat sich bis heute nichtsgeändert. Sie ist höchstens um ein paar Nuancen ergänzt worden -wie die von Hoffnung getragene Annahme, ein Machtwechsel im Irakwerde den demokratischen Gedanken im arabischen Lager perInitialzündung verbreiten. Je stärker der internationale Widerstand gegen einen Krieg wird, um so unbeirrter gibt sich der Texaner, mittlerweile zum populärsten Feindbild für die Europäer und die arabische Welt mutiert. Dort fragt man sich: Was treibt diesen Mann an? Was gibt ihm die Überzeugung, in einer der größten historischen Herausforderungen für einen US-Präsidenten die richtige Entscheidung zu treffen?

"Es ist vor allem Bushs Selbstsicherheit, die seine Kritiker verstört und beunruhigt", analysiert der US-Historiker Robert Dallek. Und: "Er erscheint vielen als Evangelist, der denkt, er habe auf alles die richtige Antwort - und dass er Gottes Werk tut." In der Tat scheint es vor allem der christliche Glaube zu sein, der dem außenpolitisch bis zu seinem Amtsantritt völlig unerfahrenen Politiker enorme Selbstsicherheit verleiht.

Auf Bushs Nachttisch liegt die Bibel, und jeder Tag wird mit dem Lesen einiger Psalmen begonnen - das berichten Mitarbeiter des Präsidenten. Besonders gerne liest Bush Briefe, in denen ihm einfache Bürger bestätigen, für ihn zu beten. Und keine Kabinettssitzung, die nicht von einem gemeinsamen Gebet eingeleitet wird.

Größere Selbstzweifel scheinen Bush, diesen Schluss lassen jedenfalls Äußerungen in einem Interview zu, so gut wie nie zu quälen. "Ich habe ein gutes Herz und keine Angst, Entscheidungen zu treffen", vertraute er vergangene Woche Journalisten an. Und: "Meine Gebete zum Herrgott stärken mich." Das führt dann dazu, dass er selbst Massenprotesten keinerlei Relevanz zumisst: "Sich nach der Größe eines Protestes zu richten", lautet Bushs Credo, "wäre ja, Politik nach Umfragen zu machen." Ein derartiges Denken würde mit seinem Sendungsbewusstsein kollidieren, das er bei einer Rede deutlich durchblicken ließ: "Wir stehen mitten in einer bedeutenden Periode der Geschichte unserer Nation. Ein Teil dieser Geschichte wurde von anderen geschrieben, doch der Rest wird von uns geschrieben werden."

Bush vertraue bei wichtigen Entscheidungen vor allem seinem Instinkt, berichten Mitarbeiter. Das führt oft zu einer Einfachheit der Problem-Analyse, die durch das Denken in "Gut"-und-"böse"-Kategorien erschreckend wirkt. Die Anwürfe des Papstes, ein Angriff auf den Irak sei ein "ungerechter Krieg", kann Bush nicht nachvollziehen.

Kraft gewinnt Bush auch aus einem Brief, den er stets bei sich trägt. Geschrieben hat ihn sein Vater im Jahr 1991, wenige Tage vor Beginn des Golfkriegs. "Die Aussicht, unsere Truppen in den Kampf schicken zu müssen, zerreißt mir das Herz", formulierte Bush senior an seine fünf Kinder, "doch wer führt, muss tun, was er für richtig hält. Selbst wenn die Kritiker laut und zahlreich sind."

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