Deutsche werden älter – und kranker

BERLIN. Älter werden die Deutschen in den kommenden Jahren in jedem Fall, daran lassen Forscher keinen Zweifel. Gleichzeitig nehmen die alters- und ernährungsbedingten Krankheiten jedoch deutlich zu.

Gesund und fit alt werden, wer wünscht sich das nicht? Doch Übergewicht, Diabetes und Demenz-Erkrankungen werden den Menschen künftig verstärkt zu schaffen machen. Krebs könnte dagegen vor allem aufgrund deutlich verbesserter Therapien eine geringere Rolle spielen. Zu diesem Schluss kommen rund einhundert führende Medizin-Forscher, deren Einschätzung über ,,Krankheiten der Zukunft und Fortschritte in der Medizin" am Mittwoch in Berlin in einer Studie vorgestellt wurde.Die Experten rechnen damit, dass Diabetes (Zuckerkrankheit), Übergewicht, Altersdemenz (Alzheimer), Schlaganfälle, Gelenkerkrankungen, Osteoporose (Knochenschwund), Herzmuskelschwäche, Depressionen, Allergien und Bluthochdruck besonders stark zunehmen werden. Sorge bereite auch der Anstieg von Lungenkrebs bei Frauen und dass Kinderkrankheiten wie Mumps, Röteln oder Masern inzwischen wieder zunähmen.

Über zwei Drittel der befragten Wissenschaftler erwarten, dass die Zuckerkrankheit zu den häufigsten Todesursachen in den nächsten zehn Jahren gehören wird. Schon heute seien mit sechs Millionen Diabetes-Kranken 20 Mal so viele Menschen davon betroffen wie noch vor 50 Jahren. Bis 2010 werde sich die Zahl der Neuerkrankungen um etwa 50 Prozent auf über 350 000 Fälle pro Jahr erhöhen. Nur etwa die Hälfte der Betroffenen über 55 Jahre wisse von ihrer Erkrankung. Diabetes könne gefährliche Folgen wie Herzinfarkt, Schlaganfall, schwere Nierenschäden, Augenprobleme oder Amputationen nach sich ziehen. Erschreckend sei, dass auch immer mehr jüngere Menschen an Diabetes erkrankten.

Besonders hoch schätzen die Wissenschaftler in den nächsten zehn Jahren auch den altersbedingten Anstieg von Demenzerkrankungen. ,,Alzheimer wird aufgrund des demografischen Wandels zu einer der größten gesellschaftlichen Herausforderungen", sagt Professor Stefan Willich vom Berliner Universitätskrankenhaus Charité. Unter den 90-Jährigen sei heute bereits jeder Dritte demenzkrank. Da sich die Zahl der 90-Jährigen bis 2050 verdreifachen werde, werde auch der Bevölkerungsanteil der Demenzkranken stark steigen.

Neue Wellen von Infektionskrankheiten

Die Experten rechnen außerdem mit neuen großen Wellen von Infektionskrankheiten. Beispiele hierfür seien die Zunahmen von Malaria, Tuberkulose sowie HIV/Aids- und Hepatitis-Infektionen. Zu den Gründen zählen immer mehr Fernreisen und die Zuwanderung nach Deutschland. Zudem werde es in den nächsten Jahren wahrscheinlich immer öfter zu schweren Grippewellen kommen.

Doch die Wissenschaftler machen auch Hoffnung. Weltweit befänden sich Hunderte von Substanzen gegen Alzheimer in der Entwicklung. In spätestens zwölf Jahren könnte es zu einem medizinischen Durchbruch im Kampf gegen Alzheimer kommen. Mit den Impfstoffen, die zurzeit entwickelt würden, zielten die Forscher darauf ab, dass sich der Körper durch seine eigene Abwehr den für Alzheimer typischen Eiweißablagerungen entledige. Dies wäre ein wichtige Schritt in Richtung Heilung.

Auch Zuckerkranken werde in Zukunft noch besser geholfen werden können. So könnten in naher Zukunft viele Diabetiker von viel einfacheren Darreichungsformen wie Insulin zum Inhalieren profitieren. Auch befänden sich deutlich bessere Medikamente zur Behandlung von diabetesbedingten Folge-Erkrankungen in der Entwicklung.

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