Deutscher Dank

BERLIN. Auf Anweisung von Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) hingen die Fahnen im Berliner Regierungsviertel am Sonntag auf Halbmast. Spitzenpolitiker von Koalition und Opposition würdigten die Verdienste und das weltgeschichtliche Wirken des Pontifex.

Spitzenpolitiker von Koalition und Opposition haben die Verdienste und das weltgeschichtliche Wirken des verstorbenen Pontifex gewürdigt. Mit Johannes Paul II. verliere die katholische Kirche "einen großen Papst, einen vorbildlichen Diener seiner Kirche und einen Christen von einzigartiger Glaubwürdigkeit", schrieb Bundespräsident Horst Köhler in einem Beileidstelegramm an den Dekan des Heiligen Kollegiums, den deutschen Joseph Kardinal Ratzinger. Für Menschen aus allen Kulturen sei der Verstorbene zu einer moralischen Instanz geworden. "Wir sind dem Papst sehr dankbar"

"Wir Deutsche werden auch nicht vergessen, mit welcher Entschlossenheit, Konsequenz und mit welchem diplomatischen Geschick Johannes Paul II. die Freiheitsbewegung in Osteuropa inspiriert und begleitet hat". Die deutsche Einheit sei durch das Kirchenoberhaupt "von Anfang an begrüßt und gefördert worden", konstatierte Köhler. Als unvergessliches Ereignis stellte der Bundespräsident den Gang des Papstes durch das offene Brandenburger Tor im Jahre 1996 heraus, den er gemeinsam mit dem damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) unternommen hatte. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) würdigte den Beitrag des Kirchenoberhauptes für Frieden, Menschenrechte, Solidarität und soziale Gerechtigkeit. "Papst Johannes Paul II. hat Geschichte geschrieben; er hat durch sein Wirken und durch seine beeindruckende Persönlichkeit unsere eine Welt verändert", erklärte Schröder. Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) erinnerte daran, dass die Deutschen mit dem Papst schon seit dessen Zeit als Krakauer Erzbischof eine enge Beziehung verbunden habe. Zugleich betonte der Parlamentschef die Verdienste des Verstorbenen bei der Überwindung des kommunistischen Systems in seiner polnischen Heimat sowie in ganz Mittel- und Osteuropa. "Wir Deutsche, gerade auch wir Ostdeutsche, sind dem Papst sehr dankbar für sein Engagement bei der Wiedererlangung der Einheit unseres Landes", betonte Thierse. Auch die Vorsitzende der CDU, Angela Merkel, erklärte, dass der Papst "einen wesentlichen Beitrag zur Überwindung der Diktaturen und des Eisernen Vorhangs quer durch Europa geleistet" habe. Die beiden Parteivorsitzenden der Grünen, Claudia Roth und Reinhard Bütikofer, sahen im verstorbenen Papst einen Mahner und eine moralische Instanz. "Er war ein Kirchenführer, der Türen für Neues öffnete und gleichzeitig Kontroversen provozierte". FDP-Chef Guido Westerwelle zeigte sich beeindruckt von der "Begeisterung, die Papst Johannes Paul II. besonders bei jüngeren Menschen auszulösen" vermochte. Nach Ansicht von Innenminister Otto Schily ist die Anteilnahme in Deutschland auch deshalb so groß, "weil viele Menschen den Besuch des Papstes im August beim Weltjugendtag in Köln mit freudiger Erwartung entgegen gesehen haben". Auf diesen Termin habe sich das Kirchenoberhaupt besonders gefreut, resümierte Schily. Sein Kabinettskollege, Außenminister Joschka Fischer, stellte die persönlichen Kontakte mit dem Papst heraus. Die gemeinsamen Begegnungen "waren stets geprägt von seiner menschlichen Anteilnahme, seiner Verbundenheit mit Deutschland und der Entwicklung Europas", sagte Fischer in Berlin.

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