Deutschland, Autoland

TRIER. Zu Frankreich gehört der Rotwein, zu Italien eine hupende Vespa und zu Deutschland Bier und Lederhose. Alles nur Klischees? Vielleicht. Doch was an ihnen dran? Vor allem: Was ist typisch deutsch? In einer wöchentlichen Kolumne lässt der Trierische Volksfreund Ausländer zu Wort kommen. Sie leben meist seit Jahren in Deutschland, kennen die kleinen, aber feinen kulturellen Unterschiede und schildern humorvoll ihre Erfahrungen mit den Menschen der Region.

Von Przemyslaw Lebzuch Ist "es" wirklich so wichtig im Leben eines jeden Bundesbürgers? Kann man "es" überhaupt noch ersetzen? Eines ist mir in den letzten Jahren klar geworden: die "bessere Hälfte" eines Deutschen bewegt sich durch die Gegend - nicht auf zwei Beinen, sondern auf vier Rädern. Der Deutsche mag sein Spielzeug, er vergöttert es, er kann ohne es nicht mehr leben. Es muss tatsächlich eine wahre Liebe sein. Jeden Samstag muss ich von meinem Fenster aus zusehen, wie die Nachbarn von gegenüber ihren Kombi-"Schatz" zum Glänzen bringen. Was die da anstellen, hat nämlich nichts mit "putzen" gemeinsam: Ihre sonst verlassene Garage wird auf einmal zum Schönheitssalon mit allem drum und dran. Der "arme" Ford sieht wie eine alte, stinkreiche Frau aus, die man versucht, für einen Abend (höchstens aber zwei Tage) mit allen Mitteln schöner zu machen. Jede Woche, jeden Samstag, immer und überall! Es ist durchaus möglich, dass sich die Deutschen bald mit "Du fährst einen saudreckigen Wagen" beschimpfen werden. Ohne Zweifel haben die Deutschen einen guten Geschmack, was Autos angeht. In der ältesten Stadt Deutschlands sind die besten Automarken aus der ganzen Welt vertreten. Kleinwagen werden allerdings nicht so gern gekauft, aber warum eigentlich nicht? Je größer, desto schöner oder besser? Da muss was dran sein. Durch den Kopf gehen mir dabei nur boshafte Gedanken, denn es ist doch allgemein bekannt, dass viele Männer verzweifelt versuchen, einen ihrer Minderwertigkeitskomplexe mit einem dicken Wagen zu vertuschen. Dies würde allerdings bedeuten, dass etwa 80 Prozent der Männer in Deutschland mehr oder weniger behindert wären. Haben denn all die Kombi-Besitzer einen kleinwüchsigen "Freund"? Nein, nein, dat kann ja net wahr sein. Die Fahrt in einem großen und bequemen Wagen kann sicherlich viel Spaß machen. Na ja, vielleicht nicht hier in Trier, wo alle Fahrbahnen alle zehn Jahre gleichzeitig geflickt werden, aber ein bisschen Abwechslung schadet ja nicht. Dass die Deutschen großräumige Autos so gern haben, liegt vielleicht auch an ihrer Vorliebe für Hamstereinkäufe. Was gibt es denn sonst so Aufregendes außer einer gelungenen Schnäppchenjagd vor einem Wochenende. Man weiß ja nie, was der Montag so mit sich bringt… Przemyslaw Lebzuch (27) lebt seit fünf Jahren in Trier und studiert Politikwissenschaft. Er stammt aus Katowice in Polen.

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