Diäten sollen nochmals kräftig steigen

Neuer Ärger um die Diäten im Bundestag: Nach dem Willen der Großen Koalition sollen die Parlamentarier-Bezüge in den Jahren 2008 bis 2010 um 16,4 Prozent steigen - von 7009 auf 8159 Euro. Bereits im November des Vorjahres hatte sich der Bundestag eine stufenweise Anhebung der Diäten um rund neun Prozent genehmigt. Nun kämen noch gut sechs Prozent oben drauf.

Berlin. Begründet wurde der kräftige Schluck aus der Pulle mit dem jüngsten Tarifabschluss im öffentlichen Dienst. Die öffentliche Empörung darüber hat die Koalition ebenfalls einkalkuliert: "Populär ist das nicht. Das ist klar", meinte SPD-Generalsekretär Hubertus Heil gestern in Berlin.Die Gehälter der Bundestagsabgeordneten waren schon immer ein heißes politisches Eisen. Schließlich haben die Bundesverfassungsrichter dem Parlament aufgetragen, ihre Bezüge selbst festzulegen. Im Abgeordnetengesetz wurde deshalb eine Vergütung bestimmt, die sich an den Bezügen eines Bundesrichters (Besoldungsgruppe R6) "orientiert". Allerdings fürchtete das Parlament insbesondere in den zurückliegenden Jahren der wirtschaftlichen Flaute den Zorn der Bevölkerung und vermied eine Erhöhung. So kam es, dass die Diäten zwischen 2003 und 2007 unverändert bei 7009 Euro blieben. Die daraus resultierende Einkommensschere zu den Richtern wurde erst im letzten Herbst per Gesetz wieder geschlossen: Zum 1. Januar 2008 wurden die Diäten der Parlamentarier um 330 auf 7339 Euro angehoben; für Anfang 2009 war eine weitere Erhöhung auf 7668 Euro vorgesehen. Obgleich das Gesetz keinen Automatismus enthält, herrschte koalitionsintern schon damals Einigkeit, es nicht wieder zu einer Lücke zwischen Richter- und Abgeordneten-Gehältern kommen zu lassen. Vor diesem Hintergrund sahen die Fraktionsspitzen von Union und SPD jetzt neuen Handlungsbedarf, weil es inzwischen zu deutlichen Tarifsteigerungen im öffentlichen Dienst gekommen ist. Nach den aktuellen Plänen der Koalition sollen die Diäten zu Beginn des nächsten Jahres daher nun um 278 Euro höher als ursprünglich geplant ausfallen und auf 7946 Euro steigen. Für Anfang 2010 ist ein weiterer Aufschlag von 213 auf dann 8159 Euro vorgesehen, um den Anschluss an die Richterbesoldung nicht zu verlieren.

In der Öffentlichkeit bleibt freilich der Eindruck haften, dass sich der Bundestag ein weiteres Mal innerhalb kürzester Zeit selbst bedient hat. Bei diesem Gedanken wird es auch manchem Abgeordneten der Koalition unbehaglich. Ein SPD-Parlamentarier, der nicht namentlich genannt werden wollte, sagte gestern unserer Zeitung: "Ich habe richtig Bauchschmerzen, wenn ich wieder in meinen Wahlkreis fahre. Da kriegen wir ein riesiges Kommunikationsproblem".

Meinung

Zweierlei Maß

Formal gesehen mögen Union und SPD richtig liegen: Sollen die Bundestagsabgeordneten nicht wieder hinter das Salär für einfache Bundesrichter zurückfallen, müssen ihre Diäten angepasst werden. Grundlage dafür bilden die Gehaltsabschlüsse für den öffentlichen Dienst. Erinnert sei daran, dass die Karlsruher Richter den Parlamentsbetrieb dazu angehalten haben, selbst einen Maßstab für seine Vergütung zu finden.Was sich die Große Koalition aktuell leistet, lässt allerdings jedes politische Gespür vermissen. Nicht nur, dass der selbst verordnete Gehaltssprung deutlich über den Tarifzuwächsen für Otto-Normal-Arbeitnehmer liegt. Die Koalition hat sich auch nie die Mühe gemacht, den Mechanismus der Diätenanpassung öffentlich zu kommunizieren. So entsteht zwangsläufig der fatale Eindruck, im Windschatten des selbst erklärten Aufschwungs langt die Politik zu. Dabei wäre alle Neiddiskussion zu bekämpfen, wenn die Abgeordneten endlich von ihrer luxuriösen Altersversorgung herunterkämen. nachrichten@volksfreund.de

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