Die Blicke richten sich auch ins Internet

"Unsere Sicherheitsbehörden bleiben wachsam", warnte Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) gestern im Gespräch mit dem TV vor Panik. Europa bleibe im Zielspektrum des islamistischen Terrorismus. Die versuchten Anschläge in Großbritannien seien auf eine Vielzahl von Toten und Verletzten angelegt. "Es gibt keine Bezüge dieser Anschlagsversuche zu Deutschland", betonte Schäuble.

Berlin. Nach den Autobomben-Funden in London und dem Attentat auf den Flughafen Glasgow ist erneut eine Debatte über die Sicherheitslage in Deutschland entbrannt. Laut Polizeigewerkschaft GdP leben hierzulande etwa 100 Personen, die willens und in der Lage sein sollen, Attentate zu verüben. "Wir müssen in naher Zukunft mit schweren Anschlägen auch bei uns rechnen", so der Vorsitzende Konrad Freiberg. "Wir haben nach wie vor keine konkreten Hinweise auf Anschläge in Deutschland", distanzierte sich umgehend Schäubles Ministerium von dieser Einschätzung. Dem Minister geht es nun darum, möglichst schnell schärfere und neue Maßnahmen zur Terrorabwehr auf den Weg zu bringen. "Menschen, die sich im Internet zu Bombenbau und Anschlägen verabreden, sind gefährliche Helfer des internationalen Terrorismus, der im Ansatz bekämpft werden muss", forderte Schäuble im Gespräch mit dem TV eine stärkere Überwachung des Internets. Das passt zu seiner Line: Gestern appellierte er zudem erneut an die SPD, ihren Widerstand gegen Online-Untersuchungen bei privaten Computern aufzugeben. Nur wenn man die Pläne von Terroristen kenne, könne man sie vereiteln. "Deswegen brauchen wir die gesetzlichen Grundlagen, um Kommunikation durch Telefon, durch Handys, aber auch Computer überwachen zu können." Bei einem anderen Thema hat der Innenminister inzwischen in Bundeskanzlerin Angela Merkel eine mächtige Verbündete gefunden. Angesichts der wachsenden Terrorgefahr müsse "im Zusammenhang mit terroristischen Gefahren in ausgewählten Bereichen" der Einsatz der Bundeswehr im Innern möglich sein, lehnte sich Merkel weit aus dem Fenster. So steht es auch im neuen Grundsatzprogramm der CDU, so fordert es Schäuble schon lange. Laut Merkel ist die alte Trennung von innerer und äußerer Sicherheit "von gestern". Dass die Kanzlerin diese Frage nun so offensiv angeht, ist neu. Ärger mit dem Koalitionspartner ist damit programmiert. SPD-Generalsekretär Hubertus Heil warnte die Union gestern prompt vor "Aktionismus". Auch beim Thema Videoüberwachung in Großstädten will Schäuble jetzt mehr Druck machen. In Großbritannien sind Kameras an öffentlichen Orten gang und gäbe. Zumindest in dieser Frage signalisiert die SPD Entgegenkommen: "Ich denke, dass man darüber an bestimmten öffentlichen Plätzen, die als besonders gefährdet erscheinen, ernsthaft reden muss", sagte der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Ludwig Stiegler.

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