"Die Funk-Taste war Ihr Rache-Gerät"

Zwei Jahre Gefängnis auf Bewährung - so lautete gestern Nachmittag das Urteil gegen den ehemaligen Leiter der Saarburger Rotkreuz-Rettungswache. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der 48-jährige Angeklagte monatelang den Rettungsfunk gestört hatte, um die Luxemburger Air Rescue zu diskreditieren.

 Sabotage aus Rache: Der ehemalige Leiter der Saarburger Rettungswache im Gespräch mit seiner Verteidigerin Ruth Streit.TV-Foto: Friedemann Vetter

Sabotage aus Rache: Der ehemalige Leiter der Saarburger Rettungswache im Gespräch mit seiner Verteidigerin Ruth Streit.TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. Der Trierer Amtsrichter Helmut Reusch ist ein Mann der klaren Worte. Als Reusch in seiner 40-minütigen Urteilsbegründung auf das Motiv des Angeklagten zu sprechen kommt, redet er nicht lange um den heißen Brei herum: "Sie hatten einen Hass auf die Luxembourg Air Rescue", sagt der Vorsitzende Richter mit Blick auf den rechts von ihm platzierten Angeklagten, "und die Funk-Taste war Ihr Rache-Gerät."

Der neben seiner Verteidigerin Ruth Streit sitzende 48-Jährige schüttelt kaum merklich den Kopf. Er hat bis zuletzt bestritten, für die monatelangen Rettungsfunk-Störmanöver im deutsch-luxemburgischen Grenzgebiet verantwortlich zu sein. "Ich versichere nochmals, dass ich mit den Pfeif-Tönen nichts zu tun habe", sagt er am späten Vormittag, als das Gericht ihm die Gelegenheit gibt, sich ein letztes Mal vor der Urteilsberatung zu äußern.

Womöglich hätte der Angeklagte da besser geschwiegen oder sich auf diesen einen Satz beschränkt. Stattdessen aber droht der Rettungsassistent nebulös "mit der Veröffentlichung einiger Vorfälle, die sich damals in Luxemburg ereignet haben. Das dürfte einige interessieren." Damals, das war die Zeit zwischen 1996 und 1998. Da flog der Saarburger DRKler nebenbei selbst auf dem luxemburgischen Rettungshubschrauber mit, bis ihn die Firma eines Tages hinauswarf - "mit Schimpf und Schande", sagt Reusch.

Es wurde zwar nie bewiesen, aber der Angeklagte soll seinerzeit gegen einen Kollegen intrigiert, dessen Auto beschädigt und anonyme Schmäh-Briefe verfasst haben. Derartige Schmäh-Briefe, teils mit üblen Beleidigungen und Beschimpfungen der luxemburgischen Kollegen, fanden die Ermittler der Trierer Kripo auch in der sogenannten Rettungsfunk-Affäre auf dem Laptop des Angeklagten. Damit habe er nichts zu tun, hat der 48-Jährige immer wieder beteuert. Nur: Geglaubt haben ihm das weder Staatsanwalt Eric Samel noch der Vorsitzende Richter Helmut Reusch. "Der Hass gegen die LAR muss jahrelang in Ihnen gebrodelt haben", sagt Reusch, "und als die dann kamen, war alles aus."

Die Luxemburger Rettungsflieger kamen 2005. Seitdem wird der Hubschrauber regelmäßig angefordert, wenn im deutsch-luxemburgischen Grenzgebiet ein Notarzt gebraucht wird. Beim Saarburger DRK gab es damals den ein oder anderen, der die fliegenden Kollegen als Konkurrenz betrachtete, die auf deutscher Seite zu rückläufigen Einsatzzahlen und schließlich Stellenabbau führen könnte. Eine Sorge, die unbegründet war. Trotzdem wurde der Angeklagte seinerzeit nicht müde, seinem Kreisgeschäftsführer German Robling detailliert jene Fälle aufzulisten, in denen die "Bodentruppen" angeblich schneller waren als die Helfer aus der Luft.

Um die LAR-Einsätze zu erschweren, hat der ehemalige Saarburger Rettungswachenleiter in mindestens fünf Fällen den Rettungsfunk von der Wache oder einem Fahrzeug aus gestört, ist sich das Gericht sicher. "Sie waren das, daran gibt es keinen Zweifel", sagt Reusch.

Erst durch umfangreiche Messungen der Bundesnetzagentur war die Störquelle vor zwei Jahren ausgemacht worden - die Saarburger DRK-Wache. Der Verdacht fiel rasch auf den damaligen Chef, aber der Nachweis fiel schwer. Nur fünf der insgesamt mindestens 29 Stör-Manöver konnten ihm die Ermittler schließlich zuordnen.

Und selbst das gelang nach Ansicht seiner Verteidigerin Ruth Streit mehr schlecht als recht: "Wir haben hier keinen überführten Angeklagten", sagt die Rechtsanwältin, "nur Indizien, die gegen meinen Mandanten sprechen."

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