Die Kühle und der Kumpel

Michelle Obama gegen Cindy McCain: Das Duell der potenziellen "First Ladies" in den USA ist ein Wettbewerb ungleicher Charaktere

Washington. Das Make-up um die stechend blauen Augen sitzt immer perfekt, die Lippen und Mundwinkel sind zu einem stets gleichen Lächeln wie festgefroren. Der Blick zum Mann an ihrer Seite ist ausnahmslos bewundernd, aber irgendwie kalt. Und: Cindy McCain, die 54-jährige Gattin des 18 Jahre älteren republikanischen Präsidentschafts-Spitzenkandidaten, ist im Wahlkampf keine Freundin großer Gesten oder vieler Worte. Man spürt: Die fast immer in elegante Kostüme gekleidete Blondine fühlt sich im Rampenlicht weniger wohl als im Hintergrund. Und deshalb erfahren Amerikas Bürger fast immer nur aus zweiter Hand überraschende Details über sie: Dass sie einen Pilotenschein besitzt, gelegentlich Rennwagen steuert und früher bei Rodeos im Pferde-Sattel saß. Dass sie ihren Mann seit 20 Jahren fast nur an den Wochenenden sieht. Dass sie einst von Schmerzmitteln abhängig war und vor vier Jahren einen Schlaganfall nur knapp überlebte. Und dass sie als Erbin eines Bier-Konzerns ein Millionenvermögen besitzt. Und dann ist da Michelle Obama - die 44jährige Juristin mit Harvard-Prädikat, die schlagfertig, unermüdlich und mit bestechener Natürlichkeit jedem möglichen Eindruck souverän vorbeugt, sie sei nur ein Accessoire zur Macht. Sie könnte die erste farbige First Lady in der Geschichte des Landes werden - und war an der Wahlkampf-Front ihres Mannes bisher eine seiner wichtigsten Waffen, sei es bei souveränen Einzelauftritten oder als Korrektorin seiner Reden. Jene Scheu, die Cindy McCain auf den ersten Blick anhaftet, scheint ihr völlig fremd. Was sich auch in Michelle Obamas Aussagen widerspiegelt: An ihrem zwei Jahre älteren Mann, der sie "mein Felsen" nennt, störe sie vor allem, dass er schnarche, seine Socken liegen lasse und die Butter nicht in den Kühlschrank zurückstelle. Auch wissen die Wähler mittlerweile, dass die Frau des Top-Demokraten am liebsten maßgeschneiderte Etui-Kleider wie einst Jacqueline Kennedy, aber so gut wie nie Seidenstrümpfe trägt - ein von ihr gegenüber einem Fernseh-Moderator preisgegebenes Detail, das einige Obama-Berater später als "zuviel Information" zu kritisieren wagten. Doch andere sagen: Es ist gerade Michelle Obama, die den Kandidaten dank ihrer "lauten Klappe" (Michelle Obama) als einen bürgernahen Politiker inszeniert, der auch der Nachbar von Mr. und Mrs. Smith aus Kansas City sein könnte. Die unterkühlt-steife weiße Millionen-Erbin auf der einen Seite, die quicklebendig-kämpferische schwarze Rechtsgelehrte auf der anderen. Der Kontrast der beiden potenziellen "First Ladies" in der öffentlichen Wahrnehmung könnte nicht größer sein. Michelle Obama verkörpert dabei, da sind sich die US-Medien ziemlich einig, das perfekte Beispiel einer "working mom" und starken Frau, die Kinder und Arbeit problemlos miteinander vereinbart. Dabei helfen auch unerschütterbare Grundprinzipien: "Wir richten uns nach den Ballettstunden der Mädchen", sagt die Mutter von Malia (9) und Sasha (7) - "und nicht umgekehrt". Tagsüber kämpft die von ihrem Job als Krankenhaus-Direktorin freigestellte Michelle Obama um Stimmen für ihren Mann, abends ist sie wieder in Chicago bei den Töchtern. Deren Privatsphäre war bisher nur begrenzt tabu, und kürzlich gewährten die Obamas sogar einem Fernsehsender und einigen Illustrierten freigiebig Zugang zu einem Familien-Kurzurlaub in Montana. "Ein Fehler, den wir nicht mehr wiederholen werden", gaben Vater und Mutter später reumütig zu Protokoll - ein freimütiges Geständnis, das man so von Familie McCain nicht hören dürfte. "Cindy McCain scheint sehr vorsichtig zu sein, was ihre Rolle und den Umgang mit den Medien angeht", urteilt Myra Gutin, Autorin eines Buches über die amerikanischen "First Ladies" des 20. Jahrhunderts. "Sie ist so lange an der Seite ihres Mannes, dass sie weiß, dass jeder Fehler ihm schaden kann."Eine erste vorsichtige Konfrontation



Das hat dazu geführt, dass ein großer Teil der Wähler in Umfragen erklärt: Wir wissen nichts oder zuwenig über sie. Ihnen blieb bisher weitgehend verborgen, dass zu den vier Kindern der McCains ein 16-jähriges Mädchen gehört, das die beiden aus dem Waisenhaus von Mutter Teresa in Bangladesh adoptierten. Oder dass sie bei häufigen Reisen in Entwicklungsländern Teile ihres Vermögens notleidenden Familien zukommen lässt. Obwohl sich Cindy McCain kürzlich in der Zeitschrift "Vogue" geduldig Fragen stellte und sich in einer Jeans Größe null abbilden ließ, sieht man sie in den USA aufgrund ihrer Zurückhaltung eher in einer Klasse mit Nancy Reagan oder Laura Bush. Eine "Faust gegen Faust"-Gratulation, wie sie Barack und Michelle Obama am Abend des Sieges gegen Hillary Clinton in Rockstar-Manier zelebrierten, erscheint bei Cindy McCain noch undenkbar. Doch mittlerweile hat sie deutlich gemacht, dass sie die Zeit bis zur Wahl nicht schweigend verbringen will. Nachdem Michelle Obama nach der Nominierung ihres Mannes formuliert hatte, sie sei "das erste Mal in meinem Leben stolz auf mein Land," reagierten nicht nur Kritiker, die ihr einen Mangel an Patriotismus vorwarfen. Am nächsten Tag wagte Cindy McCain erstmals eine vorsichtige Konfrontation - und erklärte: "Ich jedenfalls bin sehr stolz auf mein Land."

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