"Die Mosel hat so etwas Friedfertiges"

Zu seiner ersten Sitzung nach der Sommerpause hat sich das rheinland-pfälzische Kabinett gestern im Moselort Neumagen-Dhron (Kreis Bernkastel-Wittlich) getroffen.

 Ein kurzes Schwätzchen mit Passanten: Ministerpräsident Kurt Beck in seinem Element. TV-Foto: Willy Speicher

Ein kurzes Schwätzchen mit Passanten: Ministerpräsident Kurt Beck in seinem Element. TV-Foto: Willy Speicher

Neumagen-Dhron. Es dauert nicht lange an diesem Mittag im Wintergarten des Neumagen-Dhroner Drei-Sterne-Hotels "Zum Anker", bis der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck sein Jackett auszieht und es lässig über den Stuhl hängt. An der Hitze kann es nicht liegen - der Raum ist klimatisiert. Es ist wohl eher die urlaubsähnliche Wohlfühl-Atmosphäre an der Mosel, auch wenn an diesem Dienstag die politische Sommerpause offiziell zu Ende gegangen ist und sich Kurt Becks Kabinett nach mehrwöchiger Pause zum ersten Mal wieder trifft. Außerhalb der Landeshauptstadt, damit die Wiedereingewöhnung ins harte politische Alltagsgeschäft weniger schwer fällt.

Die Einladung an Becks Ministerriege hatte der Neumagen-Dhroner Ortsbürgermeister Willi Herres vor knapp einem Jahr ausgesprochen. Im vergangenen Oktober, bei der Einweihung des Römerschiffs, war der Ministerpräsident das letzte Mal vor Ort gewesen. Und ganz begeistert von dem 18 Meter langen hölzernen Nachbau. "Da können Sie mit Ihrem Kabinett üben, in eine Richtung zu rudern", hat Herres damals gescherzt. Dabei dürfte dies derzeit für den Mainzer Regierungschef und SPD-Bundesvorsitzenden das kleinste Problem sein. Zu Hause in Rheinland-Pfalz, da rollt der Wagen nahezu geräuschlos, während in der Bundeshauptstadt und bei den Sozialdemokraten der Motor ganz gehörig stottert.

Aber an diesem Wohlfühl-Tag sind Themen wie Wolfgang Clement, Andrea Ypsilanti oder der Knatsch in der Großen Koalition irgendwie störend. Natürlich beantwortet Kurt Beck artig die seit Tagen ewig gleichen Fragen der wenigen Journalisten vor Ort. Aber dass sie den 59-Jährigen eher nerven, ist auch zu spüren. "Dazu ist doch schon alles gesagt", antwortet Beck auf die Frage nach einem möglichen neuerlichen Anlauf der hessischen SPD-Frau Ypsilanti mit der Linken.

Das Essen im Wintergarten (Salat mit gebratenen Pfifferlingen und Zander, Rinderfilet mit Rotweinschalotten und Herzoginkartoffeln) beginnt mit einer guten halben Stunde Verspätung. "Wir hatten eine umfangreiche Tagesordnung", sagt der Ministerpräsident, um nicht den Eindruck zu erwecken, man sei an diesem Tag nur zum Vergnügen an die Mosel gekommen. Allein 350 Millionen Euro Landesmittel seien in den letzten Jahren in den Kreis Bernkastel-Wittlich geflossen, ergänzt Regierungssprecher Walter Schumacher in Richtung der Journalisten. Soll wohl heißen: Die Region zwischen Eifel und Hunsrück liegt uns in Mainz am Herzen. Damit das auch so bleibt, hat Landrätin Beate Läsch-Weber gleich bei der Begrüßung im Bürgerhaus die Gelegenheit beim Schopf gepackt und für die Regional-Initiative Mosel getrommelt. "Okay", reagierte Beck schlagfertig, "ziehen wir den Tagesordnungspunkt einfach vor. Gibt es Gegenstimmen? Enthaltungen? Gut, einstimmig angenommen." Ginge es so einfach doch manchmal auch auf Bundesebene…

Das Dessert (Sektpfirsich und Pistazien-Eis) ist kaum serviert, da drückt Beck aufs Gas: "Schnell essen, schnell beten und dann aufs Schiff gehen", lautet die Order des Kapitäns. Rasch noch ein Foto mit dem Besitzer-Ehepaar, dann setzt sich die Entourage Richtung Römerschiff in Bewegung. Der Ministerpräsident gibt das Schritttempo vor - Unterbrechungen inklusive. Als Urlauber und Einheimische den prominenten Gast erblicken, erntet Kurt Beck spontanen Applaus. Wie eine halbe Stunde später bei der Ankunft in Piesport. Sichtlich gut gelaunt schüttelt der Mainzer Landesvater Dutzende Hände, lässt sich bereitwillig mit Feriengästen fotografieren und fachsimpelt mit Hobby-Radlern. "Darf ich Ihnen die Hand schütteln", meint eine ältere Dame ehrfürchtig, da hat Kurt Beck sie schon ergriffen. Später auf dem Römerschiff setzt sich der Pfälzer neben seine Sozialministerin. "Was ist unser Land so schön", schwärmt die Triererin Malu Dreyer, "die Mosel ist einfach der schönste Fluss." Kurt Beck, der seit vielen Jahren seinen Sommerurlaub in der Nähe von Cochem verbringt, nickt mit dem Kopf. "Die Mosel ist wirklich schön", sagt er, "sie hat so etwas Friedfertiges." Gut möglich, dass der SPD-Bundesvorsitzende in diesem Moment schon wieder an den nächsten Tag gedacht hat.

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