Die Natur schaut nicht auf's Geld

BERLIN. Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat Eltern davor gewarnt, wegen der Einführung des Elterngeldes zum 1. Januar 2007 die Geburt ihres Kindes künstlich zu verzögern.

"Ich kann gut verstehen, dass viele Eltern hoffen, dass ihr Kind nach dem Inkrafttreten des Elterngeldes geboren wird", räumt Ministerin Ursula von der Leyen im Gespräch mit unserer Zeitung ein. "Den Eltern, die in den letzten Tagen vor dem Jahreswechsel ihr Kind bekommen, sage ich aber: Ein Kind ist so unendlich kostbar, dass es mit einem Jahr Elterngeld nicht zu vergleichen ist." Zum 1. Januar ist es soweit: Das Elterngeld löst das Erziehungsgeld ab. Wird ein Baby also erst kurz nach Mitternacht im neuen Jahr geboren, greift nicht mehr das deutlich geringere Erziehungsgeld (maximal 7200 Euro für zwei Jahre), sondern das viel höhere Elterngeld. Einkommensabhängig beträgt es 300 bis 1800 Euro je Monat und wird bis zu 14 Monate lang gezahlt. Da lohnt es sich gerade für die bislang meist leer ausgegangenen Besserverdienenden, wenn der Nachwuchs erst 2007 geboren wird: von der Leyens Ministerium hat errechnet, dass der Unterschied bis zu 25 000 Euro betragen kann.Die Ministerin ist vor allem froh, dass das Elterngeld überhaupt kommt: "Ich habe mit Hochdruck daran gearbeitet, diesen Termin zu schaffen", spielt sie auf die vielen Widerstände an, die sie zuvor auch in den eigenen Reihen aus dem Weg räumen musste. Von der Leyen und viele Mediziner warnen nun vor der künstlichen Verzögerung einer Geburt. In den letzten Wochen hatten sich Berichte gehäuft, wonach Schwangere den Termin der Entbindung herausschieben wollten, um das neue Elterngeld zu bekommen. Ohnehin halten sich Kinder meist nicht an den errechneten Geburtstermin: Nur bei drei bis fünf Prozent der Babys klappt die Punktlandung. Zwei von Dreien lassen sich meist etwas mehr Zeit.

Doch im Internet wimmelt es nur so von guten Ratschlägen in einschlägigen Foren. Zwar gibt es die Möglichkeit, eine Schwangerschaft mit "Wehenhemmer" wie Magnesium zu verzögern. Dies kann aber ohne ärztliche Aufsicht gefährlich sein. Experten warnen: Bleibt das Kind zu lange im Bauch der Mutter, kann es zu einem kritischen Sauerstoffmangel kommen. Wehenhemmende Medikamente sind deshalb nur für Frühgeburten gedacht. Abgesehen vom gesundheitlichen Risiko gibt es überdies keine verlässliche Methode, eine Geburt gleich über mehre Tag hinauszuzögern. "Dass Bettruhe, Magnesium oder ätherische Öle langfristig Einfluss auf den Geburtsvorgang haben, ist nicht erwiesen", so der Bund deutscher Hebammen.

Alle Fachleute raten daher, "der Natur freien Lauf zu lassen". Wirklich wichtig sei ein gesundes Baby - und nicht wegen des Elterngeldes ein Neujahrskind.

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