Die Union will künftig auf Strafen pochen

Selbstverpflichtungen gibt es in Deutschland in Hülle und Fülle: Von der Wirtschaft, die freiwillig mehr Ausbildungsplätze schaffen will; von Rundfunksendern, die geloben, mehr deutsche Lieder zu spielen; seitens der Modebranche, die verspricht, auf Magermodells zu verzichten; oder von der Industrie, die schwört, Umweltziele und Umweltstandards einzuhalten und zu kontrollieren. Allein: Wer hält sich daran?

Berlin. Wenn sich jemand vor gesetzlichen Regelungen drücken will, bietet er der Politik eine freiwillige Selbstverpflichtung an. Und die Politik greift gerne darauf zurück, weil es der einfachste, mit wenig Ärger verbundene Weg ist. Nur: Oft entpuppen sich solche Absprachen als großer Flop. Das soll sich nach dem Willen der Union ändern.

Künftig sollen Selbstverpflichtungen ohne Strafen oder Sanktionspläne nicht mehr von der Politik akzeptiert werden. "Es macht keinen Sinn, wenn solche Absprachen keine Verbindlichkeit haben", sagt die verbraucherpolitische Sprecherin der Union, Julia Klöckner, zu unserer Zeitung.

Zu oft seien in der Vergangenheit Selbstverpflichtungen einfach gebrochen worden. "Wir werden keine mehr als Alternative zu Gesetzen akzeptieren, wenn die entsprechenden Verbände sich nicht auch Gedanken über die Kontrolle und Sanktionsmaßnahmen in den eigenen Reihen machen." Laut Klöckner könnten dies öffentliche Rügen, Verbandsausschlüsse oder interne Bußgelder und Strafzahlungen sein. "Sonst ist eine Selbstverpflichtung nur ein schönes Feigenblatt. Ich bin immer für Eigenverantwortung statt gesetzlicher Keulen, aber dann auch nachhaltig."

Ein entsprechender Antrag zum Verbraucherschutz soll Anfang Dezember auf dem Bundesparteitag der CDU beschlossen werden. Auch soll der Plan dann ins Wahlprogramm für die Bundestagswahl 2009 aufgenommen werden. Darauf haben sich die Verbraucher- und Wirtschaftspolitiker der Union verständigt.

Verbraucherschützer sprechen ohnehin gerne von "Mogelpackung", wenn sich die Wirtschaft großzügig bereit erklärt, bestimmte Dinge einzuhalten. Derzeit buhlt in Berlin offenbar die Call-Center-Branche um eine freiwillige Vereinbarung, um weiteren gesetzlichen Maßnahmen zu entgehen. Der letzte große Reinfall war nach Angaben Klöckners eine Absprache mit den Banken zum Girokonto für jedermann. Obwohl Bankenverband und Kreditwirtschaft per Selbstverpflichtung verkündeten, dass künftig jeder ein Konto erhalten werde, sind nach wie vor mehrere Hunderttausend Bürger vom bargeldlosen Zahlungsverkehr einfach abgeschnitten.

Andere Beispiele für versprochen und dann doch gebrochen gibt es genug. Siehe die Einführung des Euro: Der Einzelhandel hatte sich damals großspurig verpflichtet, dass korrekt umgerechnet und durch die neue Währung nichts teurer werde. Bekanntlich kam es anders. Oder die Gastronomie: Um einem Rauchverbot zu entgehen, versprach man die großflächige Einführung von Nichtraucherzonen in den Lokalen - und scheiterte damit. Und beim Klimaschutz und der Reduzierung des CO{-2}-Ausstoßes? Da ist die Industrie bei der Politik schon vorstellig geworden - mit einer Selbstverpflichtung.

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