Die Verbandsgemeinde im Visier

MAINZ. Ein Drittel der Steuereinnahmen in einer Verbandsgemeinde schluckt der eigene Behördenapparat. Für Wirtschaftsminister und FDP-Landesvize Hans-Artur Bauckhage ein entscheidender Grund, Verwaltungsstrukturen zu ändern und Funktionen neu zu ordnen. Er hat vor allem die Verbandsgemeinden im Visier.

"Alles muss auf den Prüfstand", verlangt der Parteipolitiker Bauckhage, der nicht nur stellvertretender Ministerpräsident ist, sondern nebenbei auch seit Jahrzehnten im Verbandsgemeinderat Daaden/Westerwald sitzt. Bürokratie ist aus seiner Sicht meist zu teuer, zu aufwändig und oft kooperationsunfähig. Der Zwang zum Handeln wächst allerdings, weil die Gemeinden enorme Defizite vor sich her schieben. "Wir müssen an die Ausgaben ran", so Bauckhage. Er spart lieber durch schlankere Behörden als durch die Schließung des Schwimmbades. Doch bei der Frage nach einer zeitgemäßen Kommunalverwaltung wird seine Forderung, es dürfe "keine Tabus" geben, schnell relativiert: Die Ortsgemeinden müssen unangetastet bleiben - also keine Chance für Großkommunen wie in Hessen oder Nordrhein-Westfalen, mit denen sich der Bürger möglicherweise nicht mehr identifiziert. Und auch auf die Mittelbehörde mit der Aufsichtsdirektion in Trier (ADD) und den Genehmigungsdirektionen in Koblenz und Neustadt (SGD) ist nach seiner Meinung nicht zu verzichten - schließlich, so der Minister, müsse Verwaltung auch gebündelt werden. Die Hemmschwelle, in Strukturen einzuschneiden, hat Bauckhage im vergangenen Jahr gleichwohl als erster und bisher einziger unter den führenden Politikern überschritten. Er stellt die Verbandsgemeinden zur Disposition. Seine Partei folgt im bislang nur soweit, dass sie diese Verbünde zu größeren Einheiten zusammenlegen will. Mehr Effizienz und weniger Kosten sei auch durch den Wegfall einer gesamten Ebene zu organisieren, ist sich Bauckhage dennoch sicher. Zwar kann er auch damit leben, wenn es keine Verbandsgemeinden unter 30 000 Einwohnern mehr gibt. Doch sind ihre Aufgaben nach seiner Vorstellung gut zwischen Ortsgemeinde und Kreis aufzuteilen. Da in Sachen Verwaltungs- und Gebietsreform auf freiwilliger Basis nicht so sonderlich viel passiert, weil die doppelte Verwaltung an vielen Standorten eher wachsende Eigendynamik statt Kooperationswillen entwickelt, will Bauckhage den notwendigen Druck von oben machen. "Das muss organisiert werden", so seine dezente Umschreibung. Zu groß ist allerorten auch bei Kommunalpolitikern die Angst, Strukturen zu verändern und dabei Macht und Zuständigkeiten abzugeben. Noch vor der Landtagswahl im Frühjahr 2006 will zumindest die FDP dem Wähler eindeutig sagen, wohin nach ihrer Meinung die Reise gehen soll. "In der nächsten Wahlperiode muss etwas passieren", so Bauckhage. Dass sich seine Partei mit Forderungen nach Einschnitten leichter tut als die beiden Großen CDU und SPD mit ihren vielen Mandatsträgern, räumt der Minister ein. Doch noch ist nicht sicher, ob die Liberalen den weitgehenden Vorstellungen ihre Partei-Vize tatsächlich folgen werden.

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