Die bayerische Lösung ist vom Tisch

BERLIN. Bahnt sich beim Zuwanderungsgesetz ein Kompromiss an? Seit der gestrigen Runde im Bundesrat gibt es zumindest ein paar Hoffnungsschimmer.

Zwar verabschiedete die CDU-dominierte Länderkammer einenAntrag, der die Bundesregierung zu einer "umfassendenÜberarbeitung" ihrer Vorlage auffordert. Allerdings wurdedeutlich, dass eine fundamentale Verschärfung der rot-grünenVorstellungen nicht mehrheitsfähig ist. Die Unionsfürsten musstendaher auf eine "detaillierte Stellungnahme" verzichten.Eigentlich sollte der Bundesrat beim ersten Durchgang desGesetzes ein umfängliches Paket von mehr als 120Änderungsbegehren beschließen. Den maßgeblich von Bayernerarbeiteten Korrekturen setzte jedoch die FDP massivenWiderstand entgegen. Ohne die christlich-liberalen Regierungen inBaden-Württemberg, Hamburg und Hessen (ungeachtet derLandtagswahl gilt derzeit noch die alte Zusammensetzung) wäre derVorstoß aussichtslos gewesen. Hinzu kam, dass zahlreicheMaximalpositionen auch unter den CDU-Regierungschefs umstrittensind. Während zum Beispiel das Saarland einer Härtefallregelungfür einzelne Ausländer aufgeschlossen gegenüber steht, hält manin der Stuttgarter Landesregierung nichts davon. "Wir standen vor der Peinlichkeit, keine gemeinsame Stellungnahme zum Gesetz hin zu kriegen", beschrieb der Vertreter einer CDU-Landesregierung die heikle Situation. Hinter den Kulissen kam deshalb hektische Betriebsamkeit auf. Das Saarland war gehalten, ein unverfängliches Antragspapier zu entwerfen, das der mitregierenden FDP in Baden-Württemberg zur Begutachtung vorgelegt wurde und in einer vertraulichen Runde mit CDU-Chefin Angelika Merkel unmittelbar vor der Bundesratssitzung den letzten Schliff bekam. So konnten die gedruckten Exemplare des eingangs erwähnten Beschlusses auch erst nach Sitzungsbeginn verteilt werden.

Der verbale Schlagabtausch zwischen dem saarländischen Regierungschef Peter Müller (CDU) und Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) ließ dann freilich kaum etwas von der veränderten Gefechtslage erahnen. Im Kern wurden noch einmal die scheinbar unversöhnlichen Standpunkte vorgetragen. Müller bezeichnete es als "Provokation", dass die Regierung ihren Entwurf nach dem Veto des Bundesverfassungsgerichts praktisch in unveränderter Form erneut einbringt ("Der einzige Unterschied ist die Drucksachennummer"). Zugleich beharrte Müller auf vier substanziellen Nachbesserungen: eine tatsächliche Begrenzung der Zuwanderung, eine stärkere Berücksichtigung der Situation am Arbeitsmarkt, eine humanitäre Zuwanderung, die nicht über die Anforderungen der Genfer Flüchtlingskonvention hinaus gehen dürfe sowie größere Anstrengungen bei der Integration bereits in Deutschland lebender Ausländer.

Derweil verwahrte sich Schily dagegen, die Arbeitslosigkeit gegen den Zuzug "auszuspielen". Das Gesetz sehe ohnehin einen "unverrückbaren Vorrang inländischer Arbeitskräfte" vor. Gleich mehrfach suchte Schily die Unterschiede zur Union herunter zu spielen. Allerdings zeigte er auch die Grenzen für einen Kompromiss auf. Die von Bayern geforderten Korrekturen des Zuwanderungsgesetzes von 1999 kämen nicht in Frage. Auch ein "Draufsatteln" beim Nachzugsalter für Kinder beurteilte Schily skeptisch. "Wir wollen kein Zuwanderungsverhinderungsgesetz beschließen". Ebenso wenig werde sich das rot-grüne Bündnis in dieser Frage auseinander dividieren lassen, betonte der Minister.

Nach dem jetzigen Zeitplan wird das Zuwanderungsgesetz Ende März im Vermittlungsausschuss landen. Und dort könnten dann auch wieder die zahlreichen Änderungsbegehren der Union auf den Tisch kommen.

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