"Die einzigen glaubwürdigen Fakten liefern die Iraker"

GENF/BAGDAD. Hans von Sponeck, der frühere Leiter des UN-Programms "Öl für Lebensmittel" im Irak, hält die Beweisführung der Amerikaner und Briten gegen Diktator Saddam Hussein für "unheimlich peinlich". Er hofft darauf, dass Massenproteste Washington und London zum Umdenken bewegen. Wir telefonierten mit von Sponeck in Genf.


  

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Lässt sich ein Krieg gegen den Irak noch verhindern? Von Sponeck: Viel wird natürlich von den nächsten Einschätzungen Hans Blix', des UN-Chefinspekteurs, abhängen. Ein kluger Mann hat kürzlich gesagt: Es gibt derzeit zwei Großmächte - die US-Amerikaner und die internationale Öffentlichkeit. In Spanien sind derzeit mehr als 95 Prozent der Bevölkerung gegen den Krieg. In England, Deutschland, Frankreich - überall ist der Widerstand groß. In einer Demokratie kann man das Volk nicht ignorieren, das gilt auch für Amerika. Daraus erwächst eine kleine Hoffnung.

Wie fest sitzt Tony Blair im Sattel?

Von Sponeck: Wenn Amerikaner und Briten ohne Rückendeckung der Uno alleine in den Krieg ziehen, gibt es eine Palastrevolte in London. Blair braucht eine zweite UN-Resolution. Sonst werden unzählige Labour-Anhänger ihr Parteibuch postwendend zurückgeben.

Was würde ein Alleingang der Briten und Amerikaner für die Uno bedeuten?

Von Sponeck:Es wäre ein eindeutiger Bruch des Völkerrechts und ein weiterer Sargnagel für die Vereinten Nationen. Nach dem Krieg würden von den Fernsehstationen Bilder von Irakern gezeigt, die über ihre Befreiung jubeln. Von den unzähligen Toten gäbe es vermutlich keine Bilder. Die Kosten für diesen Wahnsinn wären vermutlich gigantisch hoch. Und die Warnung der arabischen Länder ist sehr ernst zu nehmen, dass ein Irak-Krieg dem Terrorismus Auftrieb geben wird.

Wie gefährlich ist das Regime Saddam Husseins derzeit Ihrer Meinung nach?

Von Sponeck: Ein Krieg hat keine akute Berechtigung, vom Irak geht keine akute Gefahr aus. Der Irak ist das am besten geröntgte Land der Welt. Die Geheimdienstexperten wissen alles. Jeden Tag sagen Abrüstungsexperten, dass die angeblichen Beweise der Amerikaner und Briten nicht stimmen. Die Waffen-Inspektoren der Vereinten Nationen haben die Aufklärungstechniken, um etwa mobile Abschussrampen aufzuspüren. Sie haben nichts finden können. Ich habe selbst viele angeblich so gefährliche Anlagen gesehen. Sie waren zerstört.

Was würde ein Krieg für die Menschen bedeuten?

Von Sponeck:Wir haben es doch damals mit dem Programm "Öl für Lebensmittel" gerade geschafft, die Menschen am Leben zu halten. Im Irak ist die ganze Infrastruktur kaputt, die Kraftwerke werden provisorisch mit Ersatzteilen zusammengeflickt - und in vielen anderen Bereichen sieht es ähnlich aus. Wenn es zum Krieg kommt, bricht vermutlich die Stromversorgung zusammen. In den Kliniken geht das Licht aus. Noch schlimmer ist, wenn die Wasser- und Abwasserversorgung ausfällt. Krankheiten werden sich ausbreiten. Schon heute sind 60 Prozent der Iraker auf den monatlichen Nahrungsmittelkorb angewiesen.

Könnte ein Krieg mit mehr UN-Inspekteuren oder gar Blauhelmen verhindert werden? Ein Vorschlag, den Berlin und Paris in die Debatte warfen.

Von Sponeck: Mehr Inspekteure sind kein schlechter Gedanke. Ein Blauhelm-Einsatz ist da schon eine andere Sache - er braucht viel Vorbereitung und ist sehr teuer. Der Vorschlag war wohl eher symbolisch gemeint, um dem amerikanischen Drängen etwas entgegen zu halten.

Sie werfen den Amerikanern Desinformation vor.

Von Sponeck: Und zwar massiv. Es gibt einfach keine Beweise für die irakische Gefahr, so wie sie von Washington und London beschworen wird. Eine verstaubte Kiste mit zwölf von einst 30 000 Raketenköpfen reicht kaum als Kriegsgrund. Die El-Kaida-Verbindung ist alles andere als bewiesen. Der britische Geheimdienst schreibt seine Beweise bei einem US-Studenten ab. Das ist alles eine Katastrophe, die Beweisführung der Briten und Amerikaner ist unheimlich peinlich. Mittlerweile kommen aus Washington lediglich Anschuldigungen. Die einzigen glaubwürdigen Fakten liefern die Iraker, wenn sie natürlich auch nicht alles sagen.

Warum rücken Briten und Amerikaner nicht von ihren Kriegsplänen ab?

Von Sponeck: In Wahrheit wollten sie nie eine Abrüstung des Iraks. Sie wollten Saddam Hussein stürzen. Das war die heimliche Agenda von Anfang an. Und die ist nun aufgeflogen.

S Das Gespräch führte unser Mitarbeiter Dietmar Brück

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