"Die nächste Regierung ist zum Erfolg verdammt"

TRIER. (wie) TV-Leser fragen, Politiker antworten: Zahlreiche Leser stellten Fragen an den FDP-Chef Guido Westerwelle. Hier eine Auswahl, die der Politiker gestern beim Besuch in der TV-Redaktion beantwortete.

Reinhold PreuSSer, Waldrach: Ich habe Zweifel an Ihrem Koalitionswillen mit der CDU. Können Sie die durch eine Aussage zerstreuen? Westerwelle: Unser Wahlziel ist Schwarz-Gelb statt Rot-Grün, wir wollen den Politikwechsel. Je stärker wir aus der Wahl hervorgehen, desto eher können wir unsere Forderungen - Stichwort: keine Mehrwertsteuererhöhung - umsetzen. Peter Kühn, Temmels: Wenn die FDP nach der Wahl an der Bundesregierung beteiligt sein sollte, und nach vier Jahren ist die Arbeitslosenzahl nicht zurückgegangen, die Neuverschuldung nicht gesenkt, die Belastung der Bürger nicht reduziert: Ziehen Sie dann persönliche Konsequenzen?Westerwelle: Wenn die schwarz-gelbe Regierung so scheitern würde, wie Rot-Grün gescheitert ist, dann wäre das ein Armutszeugnis und eine Gefahr für die politische Stabilität. Die nächste Regierung ist zum Erfolg verdammt und wird das unter Beweis stellen. Hans Kullmann: Können wir uns bei 1500 Milliarden Euro Schulden noch 16 Bundesländer samt Verwaltungen und Parlamenten, über 600 Bundestagsabgeordnete und 700 Europaparlamentarier leisten?Westerwelle: Keine Frage: Der Staatsapparat muss kleiner werden. Die Parlamente sind noch immer zu groß. Wir könnten durchaus mit weniger Bundesländern und weniger Verwaltungsebenen auskommen. Das Wichtigste ist aber: Die Mischfinanzierung durch Bund, Länder und Gemeinden muss aufhören. Jede Ebene muss für sich entscheiden können und die Verantwortung dafür tragen. Dann wissen die Bürger, wer was verursacht hat, im Guten wie im Schlechten. Philipp Rhein: Welche Ziele verfolgen Sie in der Europapolitik nach den Abstimmungsdebakeln in Frankreich und den Niederlanden? Wird sich die FDP der CDU in der Frage der EU-Erweiterung unterordnen?Westerwelle: Die EU ist allein schon für den Frieden in Europa die historische Chance. Nach einer Denkpause müssen die Strukturen Europas handlungsfähiger und bürgernäher ausgestaltet werden. Dann soll auch bei uns das Volk über die EU-Verfassung abstimmen dürfen. Die Frage zur EU-Erweiterung kann man heute nicht abschließend beantworten, weil niemand weiß, wie sich Europa in den nächsten Jahren entwickeln wird. Alexander Weber, KONZ: Warum halten Sie es für nötig, Studiengebühren an Hochschulen einzuführen und dadurch Jugendlichen aus ärmeren Familien das Studium zu verweigern?Westerwelle: Jeder, der studieren will und qualifiziert ist, kann studieren. Die Studiengebühren sind nachgelagert, müssen also erst dann zurückgezahlt werden, wenn man einen Job hat und etwas verdient. Warum soll der 21-jährige Geselle, der die Meisterprüfung aus eigener Tasche bezahlen muss, mit seinen Steuergeldern einem Studenten das Studium finanzieren? Tobias Beck, NITTEL: Sie möchten die Bundesanstalt für Arbeit auflösen, da sie in Ihren Augen nicht effizient ist. Was wird dann aus den 90 000 Beschäftigten?Westerwelle: Die werden in die Zuständigkeit der Kommunen übergeben, wo sie dann die Arbeitsverwaltung auf kommunaler Ebene organisieren. Dirk MarX, MORBACH: Wenn Bürger mehr private Altersvorsorge leisten sollen, wird dann der Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung entsprechend zurückgefahren oder muss der Durchschnittsbürger privat vorsorgen? Westerwelle: Wir wollen ganz schnell durchsetzen, dass die private Altersvorsorge attraktiver wird. Die Rentenkassen sind nun mal leer. Ohne mehr private Vorsorge geht es nicht. Auch deshalb sind Steuersenkungen notwendig, damit gerade Familien überhaupt Spielraum für eigene Vorsorge haben.

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