Die neue Lust an der Offensive

BERLIN. Angela Merkel geht in die Offensive: Bei der Vorstellung ihres "Innovationsberaters" Heinrich von Pierer am Dienstag gab sich die Kanzlerkandidatin der Union siegessicher. Und der ehemalige Top-Manager von Pierer fand klare Worte zu seiner Mission. Das Ziel: Deutschland muss besser werden.

Angriffslustig wippt Angela Merkel mit dem Oberkörper. "Die Innovationsförderung werde ich zur Chefsache machen. Der neue ,Rat für Innovation und Wachstum' wird bei mir persönlich angesiedelt." Der Kanzlerkandidatin ist die neue Lust an der politischen Offensive anzumerken. Verschwörerisch lächelt sie nach rechts. Dort steht Heinrich von Pierer, den Merkel an diesem Dienstagmorgen im Berliner Konrad-Adenauer-Haus als ihre jüngste politische "Neuerwerbung" vorstellt. "Er wird seinen Sachverstand und seine riesige Erfahrung einbringen als wirtschaftspolitischer Berater einer neuen Bundesregierung." Vertreter aus Mittelstand, Großindustrie und Wissenschaft sollen dem neuen Gremium unter Leitung von Pierers angehören, das viermal jährlich tagen wird, sollte die CDU bei der Wahl am 18. September an die Regierung kommen. Die Unionschefin erhofft sich von dem Experten-Rat Hinweise aus erster Hand "für die richtigen Weichenstellungen in zentralen Wachstumsbereichen der deutschen Wirtschaft". Seiteneinsteiger Heinrich von Pierer fing den Ball geschickt auf, den ihm Merkel zuspielte und fand dabei ungewöhnlich blumige Worte. "Wo das Auge des Herrn ruht, da gedeiht das Vieh", lobte er die Absicht der Kanzlerkandidatin, den Innovationsrat direkt bei sich ansiedeln zu wollen. Dann wurde von Pierer schnell nüchtern und geschäftsmäßig: "Deutschland ist im internationalen Vergleich ganz einfach zu teuer. Da wir aber kein Kostenniveau erreichen wollen und können wie in Polen oder Tschechien, müssen wir ganz einfach besser sein." Der Lebensstandard in Deutschland lasse sich nur bewahren, "wenn wir um soviel besser sind als andere, wie wir teurer sind". Gelingen könne dies nur, wenn die Deutschen innovativer und schneller als ihre Wettbewerber seien und mit "besseren Produkten und Dienstleistungen auf den Markt kommen". Doch nur mahnend wollte der Ex-Siemens-Chef die Lage gestern dann doch nicht beschreiben. Er bescheinigte Deutschland eine "unerhörte Kraft". Bei dem Bemühen, erreichte Spitzenstellungen zu behaupten und neue zu erobern, müsse den Menschen auch der Optimismus vermittelt werden, "dass wir uns im globalen Wettbewerb behaupten können". Als Zukunftsthemen für Innovation nannte der Top-Manager Gesundheit, Energie, Bio- und Gentechnologie, Medizin, Optik, Luft- und Raumfahrt, Maschinenbau und Automobiltechnik. Verzahnung von Politik, Wissenschaft und Wirtschaft

Pierer, der Anfang 2005 vom Vorstandsvorsitz bei Siemens an die Spitze des Aufsichtsrates gewechselt war, gilt als einer der einflussreichsten deutschen Wirtschaftsführer mit guten internationalen Verbindungen. Mit einem gemeinsamen Besuch von Merkel und Pierer beim forschenden Arzneimittelunternehmen Berlin Chemie AG wurde gestern Mittag gleich noch ein Stück neuer Verzahnung von Politik, Wissenschaft und Wirtschaft demonstriert: Mit dabei waren nämlich auch Peter Müller, in Merkels so genanntem Kompetenzteam für Wirtschaft zuständig, und Annette Schavan, im Team auch für Forschung verantwortlich.

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